Wiesbaden. Das Land Hessen hat die Rückgabe eines Stücks peruanischen Kulturerbes an seine Heimat ermöglicht: Ein außergewöhnlich gut erhaltenes Stofffragment aus Baumwoll- und Lamafasern, das der prähispanischen Chancay-Kultur zuzuordnen ist, sollte hier online versteigert werden. Die peruanischen Kulturbehörden baten um Unterstützung, dies zu verhindern. Das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur hat gemeinsam mit den hessischen Ermittlungsbehörden und dem Auswärtigen Amt das Kulturgut gesichert und das Rückgabeverfahren an den Herkunftsstaat Peru eingeleitet. Nun wurde das Textilfragment in der peruanischen Botschaft in Berlin übergeben.
Stoffstück gehört in seine Heimat
„Die Rückgabe von Kulturgütern ist oft mit vielen Emotionen verbunden, besonders, wenn es um Zeugnisse aus Unrechtskontexten geht oder etwa sterbliche Überreste von Menschen. Da scheint die Rückgabe eines Stoffstückes weniger eindrucksvoll – und doch ist sie genauso bedeutsam“, so Kunst- und Kulturminister Timon Gremmels. „Deutschland hat sich mit dem UNESCO-Übereinkommen von 1970 dazu verpflichtet, das kulturelle Erbe der Menschheit vor Beschädigung, Abwanderung und illegalem Handel zu schützen. Das Stofffragment gehört nach dem Kulturgutschutzgesetz nicht in privaten Besitz. Es gehört in seine peruanische Heimat, wo es den Menschen ihre jahrhundertealte Handwerkskunst demonstrieren und zur kulturellen Identität beitragen kann. Ich danke den peruanischen Kultur- sowie den hessischen Ermittlungsbehörden und dem Auswärtigen Amt herzlich für die gute Zusammenarbeit.“
Entwickelt um 1000 n.Chr.
Die prähispanische Chancay-Kultur entwickelte sich an der mittleren Küste Perus zwischen 1000 und 1470 n. Chr. und ist vor allem durch ihre hervorragenden handwerklichen Fähigkeiten in der Textilkunst geprägt. Die Weber der Chancay-Kultur nutzten zur Herstellung der Stoffe verschiedene technische Verfahren wie Gaze, Spitze, Gobelin, Netze sowie Brokat. Sie stellten Vögel, Katzen und Menschen häufig geometrisch abstrahiert dar: So gestalteten sie die menschlichen Körper als dreieckige oder trapezförmig abgestufte Figuren.
Wichtig für Wissenschaft und Kultur
Die Bildsprache des nun zurückgegebenen Kulturguts zeigt typische geometrisierte Wellen und menschliche Figuren in noch immer leuchtenden gelben und roten Farbtönen. Aufgrund der besonderen klimatischen Bedingungen erhalten sich diese Kunstwerke aus organischen Materialien oftmals nahezu unbeschädigt auf den Friedhöfen in den sandigen Wüstengebieten des Chancay-Gebiets. Damit sind sie für Wissenschaft und Forschung sowie für die kulturelle Identität Perus von großer Bedeutung.