Karl-Heinz Stadtler ist so etwas wie das Gedächtnis seiner Gemeinde: Als Vorsitzender des Förderkreises Synagoge in Vöhl lenkt der 70-Jährige den Blick seiner Mitmenschen auf die Lebensgeschichten der Jüdinnen und Juden, die einst in Waldeck-Frankenberg lebten, erforscht ihre Schicksale und engagiert sich für ihr Andenken. Angela Dorn, Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst, hat Karl-Heinz Stadtler heute für seine herausragenden Leistungen für das Gemeinwohl das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland überreicht.
Wichtige Rolle der Kunst für das Erinnern
„Im Sommer 2021 organisierte der Förderkreis um Karl-Heinz Stadtler einen Kunstwettbewerb mit dem Titel ,Erinnern – Wachen – Erleben‘. Diese drei Worte fassen gut den außergewöhnlichen Einsatz zusammen, mit dem Herr Stadtler die Region bereichert“, so Wissenschafts- und Kunstministerin Angela Dorn. „Erinnerung, Wachsamkeit, Mitdenken durch intensive Erlebnisse sind wichtig – um nicht zu vergessen, um gegen die Fehler zu handeln, die in der Vergangenheit begangen wurden. Die Kunst spielt hierbei eine wichtige Rolle. Sie besteht, hält fest, macht sichtbar, was in unserer Erinnerung manchmal zu verschwinden oder verschleiern droht. Deswegen forscht Karl-Heinz Stadtler nicht nur zu den vielen Schicksalen der Jüdinnen und Juden im Kreis Waldeck-Frankenberg und damit zu den dunkelsten Kapiteln unserer Geschichte, er organisiert mit den Mitgliedern des Förderkreises auch Konzerte, Ausstellungen und Lesungen und erzeugt so gemeinsame neue Erinnerungen, die wir im Herzen behalten. Diese menschenzugewandte Philosophie begleitete und begleitet Karl-Heinz Stadtler auch bei den vielen anderen ehrenamtlichen Einsätzen – zum Beispiel in der Flüchtlingshilfe, bei seiner Arbeit in der Gemeindevertretung und im Sportverein. Mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ehren wir seinen unermüdlichen Einsatz für unser gemeinsames Gedächtnis.“
Ein Leben für die Geschichtsforschung
Karl-Heinz Stadtler, geboren 1952 in Frankenberg (Eder), studierte Germanistik, Wissenschaftliche Politik und Pädagogik an der Philipps-Universität in Marburg und arbeitete als Lehrer. Schon in den 90er Jahren beschäftigte er sich mit dem Zusammenleben von Juden und Christen vor allem in der Gemeinde Vöhl, aber auch in der Umgebung. Im Jahr 1999 setzte er sich für den Erwerb der alten Vöhler Synagoge ein und begleitete die Gründung des Förderkreises „Synagoge in Vöhl“ e.V., dessen Vorsitzender er ist. Seine Projekte führen Menschen zusammen: So organisierte er ein Treffen ehemaliger Vöhler Jüdinnen und Juden, plante eine Veranstaltungsreihe zu „Facetten des Rassismus in drei Staffeln“ und den Kunstwettbewerb. Auf der Internetseite der Synagoge Vöhl trägt er eigens recherchierte geschichtliche und persönliche Daten zusammen, die die Schicksale der jüdischen Bevölkerung in einzigartiger Weise dokumentieren. Zudem war er Ortsvorsteher und Mitglied der Gemeindevertretung, gibt Flüchtlingen Deutschunterricht und engagiert sich in Heimat- und Sportvereinen seiner Region.
Was ist das Verdienstkreuz?
Der Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland wird für politische, wirtschaftlich-soziale und geistige Leistungen verliehen sowie für alle besonderen Verdienste um die Bundesrepublik Deutschland. Das Verdienstkreuz am Bande ist die zweite Stufe des Ordens.