Die Verlängerung der Verträge gaben die hessische Kunst- und Kulturministerin Angela Dorn und der Marburger Oberbürgermeister Thomas Spies bekannt. Zudem werden Land und Stadt die jährliche Zuwendung für das Theater ein weiteres Mal erhöhen.
„Es ist eine sehr gute Nachricht für die Zukunft des Hessischen Landestheaters Marburg, dass nicht nur die beiden Intendantinnen weiter an seiner Spitze wirken werden, sondern wir zusammen mit der Verlängerung nun gemeinsam mit der Stadt die angestrebte eine Million Euro insgesamt zusätzlich für den Etat des Theaters realisieren können“, erklärt Kunst- und Kulturministerin Angela Dorn. „Eva Lange und Carola Unser-Leichtweiß haben unser Landestheater in kürzester Zeit zu inzwischen vielfach preisgekrönten künstlerischen Erfolgen geführt. Mit dem ,Marburger Modell‘ einer künstlerischen Doppelspitze haben wir uns auf einen zukunftsweisenden Weg begeben, der inzwischen bundesweit Schule macht. Eva Lange und Carola Unser-Leichtweiß leben das Landestheater für ganz Hessen mit Begeisterung und enormer Schaffenskraft und haben es mit Nachdruck auf die deutsche Theaterlandkarte geschrieben. Ich bin stolz und voller Freude, dass das Theater den Weg mit ihnen fünf weitere Jahre gehen kann.“
Möglichkeit zur Auseinandersetzung mit Gesellschaft und Politik
„Theater dient nicht nur der Unterhaltung – sondern ist eine einzigartige Möglichkeit der kritischen Auseinandersetzung mit Gesellschaft und Politik“, sagt Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. „Eine gute Inszenierung hält uns den Spiegel vor, regt uns zum Nachdenken an und bringt uns miteinander in den Diskurs. Die Intendantinnen Eva Lange und Carola Unser-Leichtweiß setzen das meisterhaft um. Marburg kann zurecht stolz sein auf diese preisgekrönte Intendanz und die abwechslungsreichen Produktionen, die das Kulturangebot für eine große Breite der Stadtgesellschaft erweitern. Mit Können, mit Kreativität, mit einem besonderen Verständnis für Theater, für die Menschen in Marburg und für ihr Team haben die Intendantinnen das HLTM weiterentwickelt. Ich freue mich sehr, dass beide in unserer Universitätsstadt bleiben werden, um den künstlerischen Aufschwung weiter fortzuführen.“
„Wir freuen uns sehr, dass die Arbeit aller unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Künstlerinnen und Künstler, die das HLTM zu dem machen, was es ist, mit dieser Verlängerung gewürdigt wird“, kommentieren die Intendantinnen Eva Lange und Carola Unser-Leichtweiß. „Ohne die große Kreativität und die vielen engagierten Menschen des HLTM wäre unsere Vision eines Theaterlabors der Gegenwart und Zukunft nicht denkbar. Förderung von Autorinnen und Autoren, Ausbildung des Theaternachwuchses, internationale Vernetzung und Ensemblespiel für alle Menschen und Altersstufen auf höchstem Niveau werden auch in Zukunft wesentliche Eckpunkte unserer Programmatik sein. Das Marburger Modell zeigt, dass alternative Leitungsmodelle erfolgreich sein können und wir danken den Zuwendungsgebern, allen Mitstreiterinnen und Mitstreitern, unserem Haus, unserem Publikum und unseren Herzensmenschen und Familien für ihre Unterstützung, den Zuspruch und die Solidarität. Wir hoffen, unsere Kraft reicht aus, auch die nächsten Jahre voller Inspiration, Innovation und Mut für die Universitätsstadt Marburg, das Land Hessen und die Demokratie zu gestalten.“
„Letter of Intent“ regelt Weiterentwicklung des Theaters
Ergänzend zur Verlängerung haben sich Land, Stadt und Intendantinnen auf einen „Letter of Intent“ zur strukturellen Weiterentwicklung des Landestheaters verständigt. Land und Stadt werden von 2023 an die Förderung um weitere 406.000 Euro verbessern, davon 240.000 Euro Landesanteil. Bereits vor zwei Jahren konnten beide Träger in einem ersten Schritt die finanzielle Ausstattung des Hauses um rund 600.000 Euro anheben – im Vergleich zu 2019 wurde somit nun eine Verbesserung um rund eine Million Euro erreicht. Der Jahrestat beträgt damit nun rund 5,6 Millionen Euro. Die zusätzlichen Mittel sollen eingesetzt werden für eine Verbesserung des Gagengefüges, also der Bezahlung der Beschäftigten, für neue Stellen etwa in der Theaterpädagogik und in der Organisation der Gastspiele, aber auch für den Bereich Digitalisierung und zur Kompensation der gestiegenen Materialpreise. Außerdem sind bauliche Veränderungen für eine bessere Arbeitssituation geplant.
Das Hessische Landestheater Marburg
Das Hessische Landestheater Marburg ist das einzige Landestheater in Hessen. Landestheater haben im öffentlichen Bühnenwesen den besonderen Auftrag, neben ihrer Sitzstadt vor allem den ländlichen Raum des Bundeslandes und die Städte ohne eigenes Ensembletheater mit hochwertiger Darstellender Kunst zu versorgen. Die Hessisches Landestheater Marburg GmbH wird getragen vom Land Hessen und der Stadt Marburg. Mit 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verfügt es über vier feste Spielstätten. Geleitet wird das HLTM seit der Spielzeit 2018/2019 von den regieführenden Intendantinnen Eva Lange und Carola Unser-Leichtweiß.
Die Intendantinnen
Eva Lange studierte Ev. Theologie, Germanistik, Pädagogische Psychologie und Pädagogik in Göttingen. Schon während ihrer Schulzeit und im Studium arbeitete sie bei Theatergruppen und hospitierte an mehreren Bühnen im Bereich Regie. Nach Studium und Referendariat ging sie 2002 als Regieassistentin an das Theater Oberhausen, inszenierte dort „Das kunstseidene Mädchen“ und wurde für diese Arbeit mit dem Oberhausener Theaterpreis ausgezeichnet. Es folgten Engagements an den Städtischen Bühnen Münster und am Staatstheater Kassel. Als freischaffende Regisseurin arbeitete Eva Lange neben Münster und Kassel auch in Wilhelmshaven, Ingolstadt, Koblenz, Wuppertal, Stendal, Chemnitz und Leipzig. An der Landesbühne Niedersachsen Nord in Wilhelmshaven inszenierte sie u.a. Max Frischs „Andorra“ und wurde dafür in der „Deutschen Bühne“ in der Kategorie „herausragende Leistung im Bereich Bühne/Ausstattung“ gewürdigt. 2011 wurde sie mit „Die Ermittlung“ zu den Landesbühnentagen nach Detmold eingeladen. Von 2013 bis 2017 hatte sie die Oberspielleitung der Landesbühne Niedersachsen Nord inne.
Carola Unser-Leichtweiß studierte nach einer Ausbildung zur Landwirtin Pädagogik und Theologie und ist Spiel- und Theaterpädagogin (BUT), sie arbeitete an verschieden Ausbildungsinstitutionen (u.a. FH Lingen, FH Mainz) und gibt Workshops im internationalen Kontext. 2004 bis 2008 studierte sie an der Hamburger HfMT Regie. Im Rahmen des Studiums erfolgten Inszenierungen am Thalia Theater Hamburg, am Deutschen Schauspielhaus, auf Kampnagel und Einladungen zu Festivals. 2007 erhielt ihre Inszenierung „Ein paar Leute suchen das Glück“ von Sibylle Berg den Friedrich-Schütter-Ensemblepreis 2007. 2008 bis 2011 leitete Carola Unser das Theater der TU Dresden. Weitere Stationen waren das Theater Kiel/Werftpark, Inszenierungen in der Offszene des Rhein-Main-Gebiets, am Pantha Theatre in Caen und an der Kunstuniversität Graz. 2013 bekam sie den Hamburger Theaterpreis Rolf Mares für „Der wonderful Zauberer von Oz“ mit ihrer Compagnie Bond Girrrls. Von 2012 bis 2016 leitete sie die Junge Landesbühne Niedersachsen Nord. 2021 und 2022 war sie Teil der Jury des Heidelberger Stückemarkts.
Eva Lange und Carola Unser-Leichtweiß wurden 2020 als „Bühnenheldinnen“ im Bereich „Spiel mir nicht das Lied vom Theatertod: Die Leitung eines Stadttheaters/ einer Produktionsstätte“ vom Aktionsbündnis Darstellende Künste ausgezeichnet. In der gemeinsamen Intendanz von Eva Lange und Carola Unser-Leichtweiß wurde das HLTM mit dem Preis der Deutschen Theaterverlage ausgezeichnet, verliehen durch die Stiftung des Verbandes Deutscher Bühnen- und Medienverlage. 2019 erhielt die Inszenierung „Diese Mauer“ in der Regie von Eva Lange den Nachspielpreis des Heidelberger Stückemarktes. Im selben Jahr wurde die Ausstatterin Carolin Mittler für dafür den Faust-Preis nominiert und gewann mit „Maria Stuart/Ulrike Maria Stuart“ bei den Hessischen Theatertagen den Preis für das beste Bühnenbild. Die Inszenierung „Am Hafen mit Vogel“ in der Regie von Carola Unser-Leichtweiß wurde 2020 zu den Mühlheimer Theatertagen eingeladen, die pandemiebedingt ausfielen. Das HLTM erhielt den Zuschlag, in der Spielzeit 2022/23 den Kleist-Förderpreis auszuführen und eröffnete die Kleist-Tage in Frankfurt/Oder.