Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur

Robert Gernhardt Preis 2024 geht an Martin Piekar und Prof. Dr. Christina Griebel

Erzählprojekte im Entstehen mit hessischem Literaturpreis ausgezeichnet

Wiesbaden. Martin Piekar und Prof. Dr. Christina Griebel erhalten den Robert Gernhardt Preis 2024. Diese Entscheidung der Jury hat Kunst- und Kulturminister Timon Gremmels heute bekannt gegeben. Den Preis loben das Land Hessen und die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen (WIBank) gemeinsam aus. Die Preisträger teilen sich das von der WIBank gestiftete Preisgeld in Höhe von 24.000 Euro.

Keine Beziehung in Stein gemeißelt

„Ich gratuliere Martin Piekar und Prof. Dr. Christina Griebel herzlich zum Robert Gernhardt Preis 2024 und wünsche ihnen, dass die Auszeichnung ihnen dabei hilft, die im Entstehen begriffenen Texte zu vollenden“, erklärt Kunst- und Kulturminister Timon Gremmels. „Im Zentrum beider Erzählprojekte steht die Familie als Quelle von Konflikten und Vergebung, Schweigen und geteilten Erinnerungen. Sie erinnern uns daran, dass keine Beziehungen in Stein gemeißelt sind, und dass manche Themen ganze Generationen beeinflussen und beschäftigen können – bis jemand den Teufelskreis der weitergegebenen Last durchbricht. Ich freue mich auf die fertigen Erzählungen und danke zudem der Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen für die gute, fruchtbare Zusammenarbeit in der hessischen Literaturförderung.“

Leidenschaft und Durchhaltevermögen

„Von unseren Kundinnen und Kunden erfahren wir tagtäglich, wieviel Leidenschaft, Energie und vor allem Durchhaltevermögen es braucht, um ein Vorhaben zum Erfolg zu führen. Genauso wichtig ist es aber, sich dabei auf die Unterstützung anderer verlassen zu können. Mit dem Preisgeld von jeweils 12.000 Euro möchten wir jedes Jahr aufs Neue zwei Autorinnen und Autoren verlässlich dabei unterstützen, ihre literarischen Projekte vollenden zu können“, sagt Dr. Michael Reckhard, Mitglied der WIBank-Geschäftsleitung.

Eine junge Frau liest ein Buch

Dossier

Literatur in Hessen

Hessen ist ein Land der Literatur: Wir stellen unsere Programme, Preise und Partnerschaften vor, mit denen wir den Menschen Lust aufs Lesen und Schreiben machen.

Martin Piekar, 1990 in Bad Soden am Taunus geboren, hat an der Goethe-Universität Frankfurt Philosophie und Geschichte auf Lehramt studiert. Er lebt und arbeitet in Frankfurt. Mit 14 Jahren begann er mit dem Schreiben und wurde unter anderem Stipendiat im LiteraturLaborWolfenbüttel und zum Open Mike eingeladen. Zwischen 2010 und 2019 schrieb er die Lyrikbände Bastard Echo und AmokperVers, beide erschienen im Verlagshaus Berlin. Später folgten unter anderem ein Stipendium des Hessischen Literaturrats e.V. und des Prager Literaturhauses sowie 2023 der Kelag-Preis und der BKS-Publikumspreis bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur. Den Robert Gernhardt Preis 2024 bekommt er für sein Vorhaben „Vom Fällen eines Stammbaums“. Darin erzählt er vom Aufwachsen eines Jungen, der mit seiner depressiven und alkoholkranken Mutter in einer kleinen Wohnung zusammenlebt. Er erfasst das Schweigen, das von Generation zu Generation weitergegeben wird, und findet heraus, wie sehr die Traumata seiner Familie bis in den Nationalsozialismus zurückreichen – und wie sehr sie ihn geprägt haben. Ein kraftvoller Text, in dem die Tonfälle zwischen Alltagsjargon, Nu-Metal und leiser Zärtlichkeit abwechselten, so die Jury.

Martin Piekar

Prof. Dr. Christina Griebel, geboren 1973 in Ulm, studierte Malerei, Kunsterziehung und Germanistik in Karlsruhe. 2000 wurde sie mit dem Stipendium „Autorenwerkstatt Prosa“ des Literarischen Colloquiums Berlin ausgezeichnet. Ihr erster Erzählband „Wenn es regnet, dann regnet es immer gleich auf den Kopf“ erschien 2003. Neben einer Reihe von Stipendien erhielt sie 2001 den Walter-Serner-Preis sowie 2002 den Preis für Junge Literatur der Stadt Ulm. 2003 nahm sie am Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt teil. Seit 2015 ist sie Professorin für Kunstdidaktik und Bildungswissenschaften an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe. Prof. Dr. Christina Griebel bekommt den Robert Gernhardt Preis für ihr Erzählprojekt „Er ist niemals geflogen“. Der Text kreist in einer poetischen und bildreichen Sprache um eine rheinhessische Familie. Im Zentrum steht der Vater der Ich-Erzählerin, der niemals ohne sein Fernglas und ohne sein Vögel-Bestimmungsbuch unterwegs ist. Die Jury zeigte sich beeindruckt davon, wie die Erinnerungsschichten sich überlagern; jede Beobachtung erzeuge eine neue Assoziation. Das Fliegen, die Musik, der Geist der Epoche – alles fließe zusammen zu einem unscharfen und doch präzisen Porträt eines schweigsamen Mannes, der mit einem Geheimnis lebte.

Um den Robert Gernhardt Preis 2024 konnten sich Autorinnen und Autoren bewerben, die aktuell an einem größeren literarischen Projekt arbeiten und einen Bezug zu Hessen im Lebenslauf oder im geplanten literarischen Projekt haben. Der Preis wird am 19. September 2024 in Frankfurt verliehen.

Prof. Dr. Christina Griebel

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