Wiesbaden/Darmstadt. Hessen schließt mit seinen Hochschulen einen bundesweit einzigartigen Digitalpakt mit einem Volumen von 112 Millionen Euro bis einschließlich 2024. Mit verlässlich jährlich wachsenden Summen zusätzlich zum Rekordvolumen des Hessischen Hochschulpakts gibt dieser Digitalpakt den Hochschulen eine sichere Ausstattung dafür, alle für die Hochschule der Zukunft wichtigen Aspekte der Digitalisierung voranzutreiben, und legt einen gemeinsamen kooperativen strategischen Prozess der Hochschulen und des Landes für die Schwerpunktsetzung fest. Den Pakt haben Hessens Wissenschaftsministerin Angela Dorn, Digitalministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus und die Hochschulen des Landes abgeschlossen.
Hochschulen innovativ weiterentwickeln
„Es geht um weit mehr als neue Rechner, es geht um tiefgreifende Veränderungen in Lehre, Forschung, Infrastruktur und Verwaltung“, erklärt Wissenschaftsministerin Angela Dorn. „Wir stellen uns mit dem Digitalpakt dem Auftrag, die Hochschulen innovativ und effizient weiterzuentwickeln – damit sie modern, wettbewerbsfähig, leistungsstark und in Forschung und Lehre spitze bleiben. Digitale Lehrformate ermöglichen es, auf die Bedürfnisse von Studierenden mit unterschiedlichen Bildungsbiografien, Lebenssituationen und Herausforderungen besser zu antworten. Mit multimedial aufbereiteten Lerninhalten können die Hochschulen den Studierenden individuelle Lernpfade, -geschwindigkeiten und -zeiten anbieten. Qualitativ hochwertige und barrierefreie Formate zusätzlich zu Präsenzveranstaltungen eröffnen eine neue Qualität der Lehre. Das reicht von der jederzeit zugänglichen Vorlesung auf Video und dazugehörigen elektronischen Formaten des Austauschs wie Videokonferenz und Chatroom über interaktive Lernformate, Augmented-Reality-Labore und Virtual-Reality-Anwendungen zur anschaulichen Vermittlung von Inhalten bis hin zu Formaten, die erst noch entwickelt werden. Auch rein elektronische Prüfungsszenarien sind möglich. Digitale Formate sind dabei kein Selbstweck, sondern leisten einen wertvollen Beitrag zu besserem Lernen und zur weiteren Öffnung und damit Demokratisierung der Hochschulen.“
Open Science und Open Access
„In der Forschung werden Open Science und Open Access einen großen Beitrag dazu leisten, dass Ergebnisse schnell und gut aufbereitet zugänglich sind, und wissenschaftliche Innovation damit erheblich beschleunigen. Sie ermöglichen eine neue Qualität des Transfers von Wissen in die Gesellschaft und tragen so zur Demokratisierung der Wissenschaft bei“, so Ministerin Dorn weiter. Über den Digitalpakt hinaus wird das Land in den nächsten Jahren 38 Millionen Euro für die Einrichtung eines hessischen Kompetenzzentrums für Künstliche Intelligenz zur Verfügung stellen, das sich derzeit in der Konzeptionsphase befindet.
Digitalisierung der Hochschulverwaltung
Auch die Digitalisierung der Hochschulverwaltung ist wichtiger Bestandteil des Digitalpakts. „Die Studierenden sind Digital Natives, sie erwarten von den IT-Systemen der Hochschulen den gleichen Komfort, den sie in ihrem privaten Umfeld erleben und von ihren künftigen Arbeitgebern erwarten“, erläutert Angela Dorn. „Spätestens der Hacker-Angriff auf die Universität Gießen hat zudem gezeigt, dass wir auch in digitale Infrastruktur, Informationsmanagement und IT-Sicherheit investieren müssen. Dafür müssen die Hochschulen auch ihre Strukturen und Regelungen, etwa des Datenschutzes und der Governance, an die Anforderungen der digitalen Welt anpassen. All diese Felder adressiert der Hochschulpakt.“
Herausforderung für Hochschulen und Land
„Die Digitalisierung ist eine gemeinsame Herausforderung für alle Hochschulen und das Land, deshalb haben wir uns für die Form eines Pakts und für ein gemeinsames Vorgehen entschieden“, betont Wissenschaftsministerin Dorn. „Alle Projektanträge werden über einen Koordinierungsausschuss, in dem alle Hochschulen, das Wissenschafts- und das Digitalministerium vertreten sind, abgestimmt. Wir haben ein sehr gut funktionierendes Netzwerk der Hochschulen, die schon lange Synergien nutzen. Das setzen wir im Digitalpakt fort, indem beispielsweise bestimmte Hochschulen die Federführung für Teilbereiche übernehmen und Ergebnisse für die anderen mit erarbeiten. Die Verteilung der Mittel aus dem Digitalpakt erfolgt im Beteiligungsprozess, um die hochschulübergreifende Zusammenarbeit zu fördern und Best-Practice-Beispiele besonders zu unterstützen. Auch die Beteiligung an nationalen und internationalen Leuchtturmprojekten und die Einwerbung von Drittmitteln wird dadurch unterstützt.“
Digitalbudget von 1,2 Milliarden Euro
„Es war gut und richtig, dass die Hessische Landesregierung 2019 entschieden hat, ein eigenes Digitalministerium zu gründen. Ausgestattet mit einem Digitalbudget in Höhe von 1,2 Milliarden Euro steuern wir so bundesweit einmalig die Digitalisierung in Hessen, von denen ein Teil des Geldes insbesondere in den Ausbau der digitalen Infrastruktur investiert wird. Denn eine leistungsfähige Infrastruktur in Stadt und Land ist die Basis für Innovation, digitale Bildung und Forschungsexzellenz“, betont Hessens Digitalministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus. „Die Digitalisierung erlebt derzeit einen Schub und beweist aktuell ihren Nutzen für sämtliche Bereiche des Lebens. Hessens Vorreiterrolle bei der Digitalisierung zeigt sich gerade im Bildungsbereich. Das beweisen wir mit unserem Programm ‚Digitale Schule Hessen‘ sowie mit dem Digitalpakt Hochschulen. Mir ist es ein besonderes Anliegen, die Digitalisierung der Hochschulen in Lehre, Forschung und Verwaltung zu fördern. Mit der Einrichtung eines Hessischen Kompetenzzentrums für verantwortungsbewusste Digitalisierung als Impulsgeber für Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft fördern wir in diesem Jahr zudem mit 2,1 Millionen Euro eine am Menschen orientierte Gestaltung des digitalen Wandels. Denn die Digitalisierung soll dem Menschen dienen“, ergänzt Sinemus.
Kompetenzzentrum für Künstliche Intelligenz
„Die Corona-Krise zeigt uns eindringlich, wie nötig eine langfristige digitale Unterstützung der Forschung, Lehre und Verwaltung in den hessischen Hochschulen ist. Der Hessische Digitalpakt wird der Digitalisierung einen Schub geben. Dafür sind wir als Hochschulen den Ministerinnen sehr dankbar“, sagte die Präsidentin der TU Darmstadt, Professorin Dr. Tanja Brühl. „Gleichzeitig schauen wir voraus: Hessen wird ein Kompetenzzentrum für Künstliche Intelligenz aus dem Digitalpakt finanzieren und damit einen Leuchtturm in der Forschung und im Transfer aufbauen. Wir koordinieren an der TU Darmstadt gerade einen entsprechenden Antrag der hessischen Hochschulen.“
Schwerpunkt auf Online-Lehre
Weil das Sommersemester 2020 am Montag aufgrund der Corona-Pandemie ausschließlich mit Online-Vorlesungen begonnen hat, haben das Land und die Hochschulen vereinbart, den Schwerpunkt auch finanziell auf Online-Lehre und die durch Corona nötigen Anpassungen zu legen. „Die hessischen Hochschulen sind mit vielen vorhandenen digitalen Lehrformaten und Lehrkräften mit viel Expertise in der digitalen Lehre bereits sehr gut aufgestellt. Allerdings geht es in der aktuellen Situation nicht wie sonst darum, die Präsenzlehre digital zu ergänzen, sondern darum, Lehrveranstaltungen komplett in den digitalen Raum zu bringen. Die Hochschulen haben dazu bereits viele Angebote auf die Beine gestellt, aber sie brauchen weitere Kapazitäten“, erläutert Wissenschaftsministerin Dorn. „Wir haben diesen besonderen Bedarf zusammen mit den Hochschulen ermittelt und verabredet, die ersten Mittel aus dem Digitalpakt gezielt beispielsweise für zusätzliche Streaming-Kapazitäten, Ausstattungen für video-basierte Lehrveranstaltungen sowie einen Notfonds für studentisches Arbeitsmaterial einzusetzen.“
Video-Vorlesung als Beispiel
„Eine typische pragmatische Form der digitalen Lehre ist zurzeit die Video-Vorlesung, die Lehrende selbst aufnehmen – das geht auch im Home-Office. Sie können sie ohne große technische Kenntnisse mit Hilfsmitteln wie Präsentationen oder Links zur Uni-Bibliothek und zu E-Books und elektronischen Zeitschriften ergänzen. Im Gegensatz zu Liveangeboten etwa per Video-Konferenz können Studierende auf diese Video-Vorlesungen zu unterschiedlichen Zeiten zugreifen; das vermeidet eine Überlastung der Internetverbindungen, die in Studierenden-WGs oder auch in studentisch geprägten Stadtteilen sonst an ihre Grenzen geraten können. Und es nimmt Rücksicht auf die corona-bedingte Ausnahmesituation auch der Studierenden, die möglicherweise Kinder zu betreuen haben. Deshalb nutzen Hochschulen Live-Formate vor allem für regelmäßige Sprechzeiten oder ergänzende Online-Übungen. Sinnvoll sind auch Foren auf Lernplattformen wie Moodle, in denen sich Studierende und Lehrende austauschen können.“