Wiesbaden. „Künstlerinnen brauchen mehr Chancen und ihre künstlerischen Positionen mehr Raum – in Kunstsammlungen, in Intendantinnenbüros, in Filmproduktionen, in Literaturkreisen“, erklärt Hessens Kunstministerin Angela Dorn. Das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst legt als Beitrag dafür ein neues Förderprogramm für Künstlerinnen auf. „Künstlerinnen in Hessen warten nur darauf, ihre Potentiale für unterschiedlichste Projekte einzusetzen, sie haben etwas zu sagen und verdienen es, gehört, gelesen und gezeigt zu werden“, sagte Ministerin Dorn in einer Aktuellen Stunde des Landtages, die die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragt hatte.
Schaffen und Talente wenig wahrgenommen
„Obwohl seit über zehn Jahren mehr als die Hälfte der Studierenden an den hessischen Kunsthochschulen Frauen sind, werden ihr Schaffen und ihre Talente in der Öffentlichkeit immer noch zu wenig wahrgenommen“, erläuterte Ministerin Dorn. „Weniger als 5 Prozent der Leitungen von Kunsthochschulen in Deutschland sind Frauen. Weibliche Selbstständige im Bereich bildende Kunst verdienen 27 Prozent weniger. In Galerien sind im Schnitt nur 25 Prozent aller gezeigten Werke von Frauen, in Museen sogar nur 10 bis 15 Prozent. Die Ursachen dafür sind vielschichtig – historisch, aber auch aktuell. Infrastruktur und Netzwerke fehlen – und, wie in vielen anderen Bereichen des Lebens, ist es für Künstlerinnen schwierig, ihre Kunst mit einer möglichen Familienplanung oder möglichen Pflegeaufgaben in Einklang zu bringen.“
Neues Stipendienprogramm
„Aus diesem Grund haben wir das neue Stipendienprogramm an den Start gebracht, das sich sowohl an etablierte Künstlerinnen als auch an Nachwuchskünstlerinnen aller Sparten richtet. Das Hauptstipendium, das die Sichtbarkeit von etablierten Künstlerinnen und ihren Arbeiten in Hessen erhöhen wird, ist mit bis zu 70.000 Euro dotiert. Und um besonders talentierten jungen Künstlerinnen die Möglichkeit zu eröffnen, bereits während oder unmittelbar nach ihrer Ausbildung durchzustarten, legen wir ein Nachwuchsstipendium auf, das mit bis zu 40.000 Euro dotiert ist. Zusätzlich – und das ist ein echtes Novum – vergibt das Land bis zu fünf Arbeitsstipendien für Projektarbeiten an Künstlerinnen, die sich in familiären Belastungen befinden, etwa, wenn sie ein Kind erziehen oder Angehörige pflegen. Hessen legt hier ein Programm auf, dass in seiner Höhe und seiner Zielgenauigkeit bundesweit einmalig ist. Es handelt sich um nicht mehr und nicht weniger als einen Meilenstein für die hessische Kulturszene.“ Die Ausschreibung für das Programm, das ein Volumen von 250.000 Euro haben wird, werde im Sommer starten.
Auch im Kanon unterrepräsentiert
Damit sei es aber nicht getan: Auch im Kanon etwa der Opernhäuser, Konzertspielstätten und Theater seien Frauen unterrepräsentiert. „Es ist daher ein Glücksfall, dass wir in Hessen mit dem Archiv ,Frau und Musik‘ eine kunstwissenschaftliche Einrichtung haben, die in 40 Jahren zahlreiche Komponistinnen aller Genres vor dem Vergessen gerettet hat. Dass wir als Land Hessen das Archiv ebenso wie die Kinothek Asta Nielsen und das Archiv der Deutschen Frauenbewegung nun noch besser unterstützen, ist mir ein Herzensanliegen. Deshalb wollen wir auch beim jüngst begonnenen Prozess zum Masterplan Kultur die Frage diskutieren, wie mehr Diversität unter den Kulturschaffenden erreicht werden und die Teilhabe auch von Frauen am kulturellen Angebot verbessert werden kann. Zudem gilt auch an den Runden Tischen zum Masterplan: Die Hälfte der Plätze gehört den Frauen.“