Wiesbaden. Zu seinem 100-jährigen Bestehen hat Wissenschaftsministerin Angela Dorn die wichtige Rolle des Instituts für Sozialforschung in Frankfurt für eine lebendige Demokratie hervorgehoben. „Es ist die Aufgabe der freien Wissenschaft in einer Demokratie, gesellschaftliche Entwicklungen immer wieder kritisch zu reflektieren“, erklärte Angela Dorn, Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst, am Montagabend beim Festakt zum 100-jährigen Bestehen des Instituts für Sozialforschung (IfS). „Das IfS steht seit Horkheimer, Benjamin und Adorno in einer philosophischen Tradition, die sich nicht damit begnügt, die Welt verschieden zu interpretieren, sondern sie auch verändern will – wir brauchen dringend solche Einrichtungen. Um diese wichtige Rolle zu stärken, haben wir die Förderung des Landes von 2021 an gern von rund 620.000 auf nunmehr gut 870.600 Euro im Jahr erhöht. Davon können drei zusätzliche wissenschaftliche Stellen finanziert werden.“
„Das IfS hilft uns seit 100 Jahren, unsere Gesellschaft zu verstehen“, so Ministerin Dorn weiter. „Es begann als Forschungsstätte zur Theorie und Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung mit der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule, der es um die Aufdeckung von Unrecht, um Emanzipation und Veränderung ging. Nach den Verbrechen des Holocaust und dem Zweiten Weltkrieg eröffnete es 1951 wieder; der Zivilisationsbruch wurde zum Forschungsgegenstand. Adornos Studien dazu, warum Menschen anfällig für faschistische Ideologien werden, sind bis heute ein zentraler Beitrag zum Verständnis der Entwicklung zum Totalitarismus. Adorno erkannte diesen Totalitarismus als größte Bedrohung für unsere Zivilisations- und Gesellschaftsform – und sie ist es leider bis heute noch. Wir müssen nicht nach Russland schauen, auch bei uns träumen Rechtsradikale, Reichsbürger und Querdenker von einem starken Führer.“
Gesellschaftstheorie hält Demokratie lebendig
„Die Kritische Theorie hat seit dem Anfang des IfS an Relevanz und Bedeutung nichts verloren. Es ist populär geworden, nicht nur zu hinterfragen, ob und wie unsere Demokratie funktioniert, sondern sie selbst in Frage zu stellen. Auch angesichts der nötigen Transformation im Angesicht der Klimakatastrophe: Kann eine repräsentative Demokratie überhaupt schnell genug handeln, um den radikalen Wandel herbeizuführen, der hier nötig ist? Ich bin überzeugt davon, dass es keine bessere Lösung gibt als die Demokratie. Ich bin aber auch sehr sicher, dass wir die kritische Gesellschaftstheorie brauchen, um unsere Demokratie lebendig zu halten.“