Eine Parfumtasche der San (Namibia) aus dem Panzer einer Schildkröte; aus dem Panzer hängen mehrere Schnüre, an denen Perlen befestigt sind

Die Zentrale Stelle für Provenienzforschung

Provenienzforschung ist ein Teilgebiet der Kunst- und Geschichtswissenschaften. Sie widmet sich der Erforschung der Herkunft von Kulturgütern und untersucht deren wechselnden Besitz- und Eigentumsverhältnisse. In den letzten Jahren ist zunehmend die Suche nach NS-Raubkunst in den Fokus gerückt.

2015 wurde auf Initiative des damaligen Hessischen Ministers für Wissenschaft und Kunst die Zentrale Stelle für Provenienzforschung eingerichtet, um die bereits bestehenden Maßnahmen zur Suche nach NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut (Raubkunst) in Hessen zu bündeln. Mit der Gründung sind die hessischen Landesmuseen in die Lage versetzt, sich gemäß der Washingtoner Prinzipien und der 1999 von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden verabschiedeten Gemeinsamen Erklärung ihrer historischen Verantwortung zu stellen.

NS-Raubkunst steht im Fokus

Entsprechend gehört zu den Kernaufgaben der Forschungsstelle die Identifizierung von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut, insbesondere aus jüdischem Besitz, innerhalb der staatlichen Sammlungen. Sämtliche Werke mit einem Erwerbungszeitpunkt nach 1933 und einer Entstehungszeit vor 1945 werden auf ihre Herkunft hin überprüft. Dabei wird eine möglichst lückenlose Klärung der Besitzverhältnisse angestrebt. Daneben steht die Zentrale Stelle für Provenienzforschung auch nichtstaatlichen Museen im Zusammenhang mit Fragen zur Umsetzung der Washingtoner Prinzipien und der Gemeinsamen Erklärung beratend zur Seite.

Etiketten und Stempel geben Hinweise

Ausgangspunkt sind Recherchen am Objekt selbst. Dabei wird nach Hinweisen wie Etiketten, Stempeln oder Aufschriften gesucht, denn diese können wichtige Informationen liefern. Daneben werden Ankaufsunterlagen und Nachlässe ausgewertet, Recherchen in Archiven und Bibliotheken durchgeführt und Sammlungs-, Ausstellungs- und Auktionskataloge sowie Werkverzeichnisse gesichtet. Diese Bildergalerie gibt einen Eindruck von der Arbeit.

Untersuchungen in den Landesmuseen

Derzeit laufen Untersuchungen in den Gemäldesammlungen der drei Landesmuseen in chronologischer Vorgehensweise: Am Hessischen Landesmuseum Darmstadt wurde mit Recherchen zu den zwischen 1933 und 1945 getätigten Erwerbungen begonnen. Inzwischen werden dort die Erwerbungen der Nachkriegszeit und der 1950er Jahre bearbeitet. Für die Museumslandschaft Hessen Kassel steht zunächst die Untersuchung der Erwerbungen der 1950er Jahre im Vordergrund. Am Museum Wiesbaden werden die Nachforschungen zu den durch Direktor Hermann Voss zwischen 1935 und 1945 erworbenen Gemälden fortgeführt. Sie basieren auf den von 2009 bis 2015 geförderten Forschungsprojekten der ehemaligen Arbeitsstelle für Provenienzforschung, jetzt Deutsches Zentrum Kulturgutverluste.

Die Rechercheergebnisse finden ihren Niederschlag in ausführlichen Dossiers. Darüber hinaus werden im Rahmen von öffentlichen Führungen, Vorträgen und Publikationen wiederholt auch einzelne Fallbeispiele vorgestellt.

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