Eine Person im Schutzanzug tropft eine Flüssigkeit in Petrischalen; man sieht ihr über die Schulter

LOEWE-Exploration

Wissenschaft muss Risiken eingehen und auch mal scheitern dürfen, um Innovation zu erzeugen. Deshalb soll die Förderlinie LOEWE-Exploration Forschenden die Freiheit geben, neuartigen, hoch innovativen Forschungsideen nachzugehen. Mit zwischen 200.000 bis 300.000 Euro für zwei Jahre können sie eine unkonventionelle Hypothese, einen radikal neuen Ansatz testen. Solche Freiheit ist selten geworden an den Universitäten. Dabei muss Forschung Risiken eingehen, um bahnbrechende neue Ansätze finden zu können. Hessen schließt damit auch eine Förderlücke im deutschen Wissenschaftssystem, in dem es mutige Wissenschaft unterstützt.

Projekte der 5. Runde

Die Förderung der Projekte der fünften Förderrunde startet zum 1. März 2024.

Target-Validierung für eine neue Strategie der Brustkrebstherapie mit Hilfe von Transport-inhibitoren der Phenylsulfonamid-Klasse

Antragstellung: Prof. Dr. Wibke Diederich, Universität Marburg, gemeinsam mit Prof. Dr. Joachim Geyer, Justus-Liebig-Universität Gießen

LOEWE-Förderung: 295.680 €

Lässt sich Brustkrebs bekämpfen, indem die Aufnahme weiblicher Hormone in Krebszellen behindert wird?

Der Körper inaktiviert weibliche Geschlechtshormone, indem er einen Sulfat-Rest anhängt. Diese „sulfatierten Östrogene“ zirkulieren weiter in hohen Konzentrationen im Blut. Brustkrebszellen können sie aufnehmen, was zur Vermehrung von Brustkrebszellen beiträgt. Die Aufnahme in Brustkrebszellen erfolgt über ein vor wenigen Jahren entdecktes Transportsystem in der Zellmembran. Im Projekt sollen Hemmstoffe entwickelt werden, die den Transport behindern und so künftig als Medikament für bestimmte Brustkrebsarten eingesetzt werden können.

Hunger Games: Hunger als treibende Kraft 

Antragstellung: Prof. Dr. Jürgen Wendland, Hochschule Geisenheim University, gemeinsam mit Dr. Roland Klassen, Universität Kassel

LOEWE-Förderung: 245.697 €

Lassen sich Prädator-Hefen als Alternative zu chemischen Pestizide verbessern?

Chemische Pestizide in der Landwirtschaft vergiften unsere Welt. Eine Alternative ist der Einsatz von Mikroorganismen, zum Beispiel bestimmten Hefen. So genannte Prädator-Hefen können die Zellen schädlicher Organismen eindringen und sie töten. Dafür benötigen sie allerdings ein Hungersignal, das im Projekt molekulargenetisch erzeugt werden soll. Ziel ist es, hungernde Prädator-Hefen besser für die Biokontrolle von Schaderregern einsetzen zu können und damit eine Alternative für die Schädlingskontrolle zu entwickeln.

BorUp: Gezielte Borernährung von Kulturpflanzen durch Upcycling von Abfallstoffen

Antragstellung: Prof. Dr. Birgit Hütsch, Justus-Liebig-Universität Gießen

LOEWE-Förderung: 230.655 €

Können borhaltige Abfallstoffe recycelt und als Pflanzendünger eingesetzt werden?

Pflanzen brauchen den Nährstoff Bor für ihr Wachstum und ihre Entwicklung. Bor-Mangel kann bei wichtigen Kulturpflanzen wie Weizen, Raps und Mais die Ernte reduzieren. Wenn Landwirte mit Bor düngen, sollte es von Aussaat bis Reife gleichmäßig zur Verfügung stehen: Zu viel Bor ist giftig. Das Projekt will einen neuartigen Dünger aus borhaltigen Abfallstoffen als kontinuierlich fließende Bor-Quelle entwickeln. So ist der Dünger effizient, zugleich schont das Recycling aus Abfallstoffen die begrenzten natürlich vorkommenden Bor-Ressourcen.

Superkorrelationen als kausaler Indikator für nachhaltige Kapitalverwendung

Antragstellung: Prof. Dr. Christoph Gallus, Technische Hochschule Mittelhessen

LOEWE-Förderung: 293.243 €

Kann eine Methode aus der Quantenphysik helfen, nachhaltige Investments zu identifizieren?

Bell Tests spielen in der Quantenphysik eine wichtige Rolle; ihre experimentelle Umsetzung wurde mit dem Nobelpreis für Physik 2022 belohnt. Bell Tests erlauben die allgemeine Überprüfung möglicher kausaler Mechanismen und können somit grundsätzlich auch außerhalb der Physik nützlich sein. Das Projekt soll untersuchen, ob eine Verknüpfung von Daten für Nachhaltigkeit mit klassischen Finanzdaten von Unternehmen mittels eines Bell Test dazu führen kann, dass sich wirklich nachhaltige Investments von solchen abgrenzen lassen, die nur vorgeblich nachhaltig sind.

Nutzen Bäume Proteasen zur Aufnahme von Stickstoff aus dem Boden? 

Antragstellung: Prof. Dr. Judy Simon, Universität Kassel

LOEWE-Förderung: 241.303 €

Können Bäume Proteasen ausscheiden, um Stickstoff aus organischer Bodensubstanz aufzunehmen?

Die Erderhitzung hat in Europa im Sommer immer öfter Dürren zur Folge. Das verschärft für Wälder die Konkurrenz um begrenzte Ressourcen wie Stickstoff. Bäume nehmen anorganischen Stickstoff und Verbindungen in kleineren Molekülen (Aminosäuren, Peptiden) direkt aus dem Boden auf sowie indirekt über Mikroben. Einige andere Pflanzenarten können bestimmte Verbindungen, die Proteasen, ausscheiden, die Stickstoff aus organischen Komplexen abbauen; für Bäume wurde ein solcher Mechanismus bisher nicht nachgewiesen. Ziel dieses Vorhabens ist zu untersuchen, ob Bäume auch Proteasen zur Aufnahme von Stickstoff aus dem Boden nutzen. Die Ergebnisse sind relevant für die nachhaltige Waldbewirtschaftung.

Degradobodies – Zellpenetrierende Monobodies zum Abbau onkogener Transkriptionsfaktoren

Antragstellung:  Prof. Dr. Oliver Hantschel, Philipps-Universität Marburg

LOEWE-Förderung: 299.880 €

Wie kann man Proteine, die zur Krebsentstehung führen, effizient entfernen?

Krebs entsteht durch Veränderungen des genetischen Materials der Zelle, so genannte Onkogene. Seit 2000 wurden neue Medikamente zugelassen, die Onkogene blockieren. Die jüngste Entwicklung sind zweiarmige Moleküle, die mit einem Arm Onkogene blockieren und mit dem zweiten Arm deren Zerstörung einleiten. Dieser Ansatz nur für wenige Onkogene anwendbar und hat bisher noch zu keinem zugelassenen Medikament geführt. Dieses Projekt will so genannte Monobodies nutzen, kleine, Antikörpern ähnliche Proteine, die gegen jedes beliebige Onkogen schnell und kostengünstig entwickelt werden können. Die Forschenden wollen sie an ein zweites (chemisches) Molekül koppeln, das dann die Zerstörung des Onkogens einleitet. Daraus kann ein bahnbrechender neuer Ansatz zur Krebsbekämpfung gegen zahlreiche zurzeit noch unzugängliche Onkogene entstehen.

OculoMotifs – eine KI-basierte neue Klassifikation von Augenbewegungen

Antragstellung: Prof. Dr. Frank Bremmer, Philipps-Universität Marburg

LOEWE-Förderung: 247.942 €

Kann KI Augenbewegungen entschlüsseln und so die Diagnose von Hirnerkrankungen verbessern?

Augenbewegungen dienen als Fenster in das Gehirn. Bislang werden Augenbewegungen vor allem im Labor oder im medizinischen Untersuchungsraum gemessen; ihre Klassifikation beruht noch immer auf Erkenntnissen aus dem vorletzten Jahrhundert. In diesem Projekt soll ein KI-basiertes Verfahren entwickelt werden, um Augenbewegungen, die während Alltagshandlungen gemessen werden können, neu zu klassifizieren. Ziel ist die Erstellung neuer Biomarker für gesundes Altern, insbesondere aber auch für neurologische und psychiatrische Erkrankungen

Prävention neu gedacht: Dyadisch-basierter, KI-gesteuerter Just-In-Time-Adaptive-Interventionsmechanismus zur Vorbeugung von Angststörungen und Depressionen via App

Antragstellung: Prof. Dr. Anna-Carlotta Zarski, Philipps-Universität Marburg

LOEWE-Förderung: 299.765 €

Kann eine selbstlernende App Angststörungen und Depressionen vorbeugen helfen?

Angststörungen und Depressionen belasten Kranke und die gesamte Gesellschaft. Neben Methoden der Heilung ist Vorbeugung wichtig. Dazu gehört, potenzielle Patientinnen und Patienten rechtzeitig dabei zu unterstützen, ihr Verhalten so zu ändern, dass sie gesund bleiben. Dieses Projekt untersucht einen Mechanismus, der psychologische Übungen zur Verhaltensänderung selbstlernend an individuelle Bedürfnisse anpasst. Die Smartphone-App erfragt und sammelt datenschutzkonform fünfmal täglich Echtzeitdaten über den Gesundheitszustand, Auslöser für Verschlechterungen und die Bereitschaft zur Veränderung. Davon abhängig schlägt die App passende Interventionen vor. So sollen Menschen lernen, wann, warum und wie sie psychologische Fertigkeiten effektiv einsetzen können, um Belastungen durch Angststörungen und Depressionen zu reduzieren und ihnen vorzubeugen.

Bottom-Up-Aufbau von funktionalen Imidometallbasierten Koordinationspolymeren

Antragstellung: Dr. Gunnar Werncke, Philipps-Universität Marburg

LOEWE-Förderung: 279.110 €

Wie können Metalle in Polymeren und Materialien besser interagieren?

Koordinationspolymere sind für die Entwicklung von fortschrittlichen Materialien von großem Interesse. Sie bestehen aus Metallionen, die miteinander über organische Moleküle (Liganden) verbunden sind. Bisher verwendete Liganden lassen die verwendeten Metalle nur schwach interagieren. Das Projekt will imidobasierte Liganden (RN2–) nutzen, die starke und elektronisch flexible Bindungen mit den Metallen eingehen können. Die resultierenden starken Wechselwirkungen der Metallionen miteinander sollen für den Aufbau von magnetisch und elektronisch aktiven Materialien genutzt werden, deren Eigenschaften sich mit Licht oder Elektronen beeinflussen lassen.

Leukozyten-Telomerlänge und koronare Plaqueprogression bei Frauen mit geschlechtsspezifischem Risiko – ein genomischer Biomarker akzelerierter Atherosklerose?

Antragstellung: Dr. Lena Marie Seegers, Goethe-Universität Frankfurt

LOEWE-Förderung: 296.051 €

Wie beeinflussen Schwangerschaft und Menopause die Herzkranzarterien?

Schwangerschaft und Menopause zählen zu den markantesten Zäsuren im Körper einer Frau. Beide Ereignisse können mit einer Reihe von Erkrankungen assoziiert sein. Diese frauenspezifischen Erkrankungen erhalten bislang wenig Aufmerksamkeit, sind jedoch mit einem erheblich erhöhten Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen verbunden. Dieses Projekt korreliert morphologische Plaqueanalysen in der Wand von Herzkranzgefäßen mit dem Genom hinsichtlich des geschlechtsspezifischen Risikos. So könnten gendersensitive Präventionsstrategien und präzisere Therapien für betroffene Frauen entwickelt werden.

LipiTox – Hin zu einer Fettsäuresynthese-basierten Krebstherapie

Antragstellung: Prof. Dr. Martin Grininger, Goethe-Universität Frankfurt

LOEWE-Förderung: 256.142 €

Kann man die Biosynthese einer Tumorzelle nutzen, damit sie sich selbst vergiftet?

Die Hemmung der Fettsäure-Biosynthese über chemische Moleküle gilt seit Jahren als geeignete Strategie einer Krebstherapie, es gibt jedoch bis heute kein Medikament in klinischer Anwendung. Dieses Projekt geht einen neuen Weg: Die Fettsäure-Biosynthese soll nicht gehemmt, sondern von kleinen Molekülen gekapert werden, die durch die Biosynthese zu giftigen Substanzen reifen und die Krebszelle von innen schädigen. Dafür sollen zweiköpfige Moleküle entwickelt werden sollen, die einen „Seiteneingang“ in die Fettsäure-Biosynthese nutzen: Sie bestehen aus dem eigentlichen Substrat und einem Shuttle, das es durch den Seiteneingang schmuggelt.

Projekte der 4. Runde

Die Projekte starten zum 1. Oktober 2023.

Kann kaltes Plasma helfen, umweltfreundlicher ins All zu fliegen?

Kalte Plasmazündung von grünen Treibstoffen für nachhaltige Raumfahrtantriebssysteme

Antragstellung: Dr. Henrike Jakob, Technische Universität Darmstadt

Umweltfreundlichere Treibstoffe sind eine Herausforderung in der Raumfahrt. Klassische Zündmethoden sind nicht immer verlässlich und können teure Schäden verursachen. Die einzigartigen Eigenschaften von kaltem Plasma könnten eine Lösung sein, um die Zündung katalytisch anzuregen. Der Prozess lässt sich hochgenau steuern, was zu einer hoch effizienten Nutzung der Treibstoffe führt. Da selbst kleinste Gewichtseinsparungen für die Effizienz von Satelliten große Auswirkungen haben, könnte eine innovative Zündungstechnik einen drastischen Einfluss auf die Nachhaltigkeit des gesamten Raumfahrtsektors haben.

Wie können Archäologen an Funden „schnüffeln“?

ArchaeoScent: Zerstörungs- und berührungsfreie Analyse von archäologischen organischen Rückständen und Artefakten

Antragstellung: Prof. Dr. Michael Keusgen, Prof. Dr. Tanja Pommerening, Philipps-Universität Marburg

Untersuchungen in Ägypten haben gezeigt, dass Harze, Balsame und Hölzer auch nach Tausenden von Jahren noch einen charakteristischen Geruch abgeben, der Rückschlüsse auf ihre Zusammensetzung erlaubt. Das Projekt soll ein neuartiges und zerstörungsfreies Verfahren entwickeln: Kernstück ist ein transportabler Gasabsorber, mit dem sich noch am Fundort eines Artefakts ohne weitere Hilfsmittel eine „Geruchsprobe“ entnehmen lässt, um sie später im Labor zu untersuchen. Dabei kommt die hybride Gaschromatographie-Massenspektrometrie-Technik (GC-MS) zum Einsatz. Das untersuchte archäologische Artefakt bleibt unberührt, so dass es völlig unverändert für weitere Untersuchungen zur Verfügung steht.

Können Alexa oder Siri bei Bevölkerungsumfragen helfen?

Wenn Alexa die Fragen stellt. Umfragen mit digitalen Sprachassistenten

Antragstellung: Prof. Dr. Marek Fuchs, Dr. Anke Metzler, Technische Universität Darmstadt

Umfragen sind für Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zur Ermittlung von Einstellungen und Verhaltensweisen unverzichtbar. Dieses Projekt setzt an der Nutzung künstlicher Intelligenz (KI) an. Es will herausfinden, ob Menschen sich auch von digitalen Sprachassistenten wie Alexa oder Siri befragen lassen und wie fehleranfällig die so gewonnenen Daten sind. Die Forscherinnen und Forscher erhoffen sich Hinweise, für welche Bevölkerungsgruppen und für welche Fragetypen der Einsatz von KI sinnvoll ist und welche Herausforderungen sie mit sich bringt.

Neue Ansätze für effektivere Antibiotika?

Analyse des humanen AMP Gedächtnis mit künstlicher Intelligenz als Strategie gegen mikrobielle Resistenze

Antragstellung: Prof. Dr. Dominik Heider, Prof. Dr. Bernd Schmeck, Philipps-Universität Marburg

Wirkstoffe gegen Bakterien, Pilze und andere Krankheitserreger werden immer weniger wirksam, weil die Resistenz gegen antimikrobielle Wirkstoffe (AMR) wächst. Neue Wirkstoffe werden dringend benötigt. Antimikrobielle Peptide (AMPs) sind Teil des angeborenen Immunsystems fast aller Organismen und können eine wirkungsvolle Alternative zu konventionellen Antibiotika sein, weil sie seltener zur Resistenzentwicklung führen. Noch fehlt es an detailliertem Wissen über die Wirkmechanismen. Sie will dieses Projekt untersuchen.

Wie und was können Menschen aus Genoziden lernen?

Aus welchen Katastrophen lernen? Zum Zusammenhang von Holocaust- und Genocide Education. Eine (trans-)nationale Metaanalyse von Studien zur Vermittlungspraxis weltweit

Antragstellung: Prof. Dr. Christina Brüning, Philipps-Universität Marburg, Prof. Dr. Stefan Peters, Justus-Liebig-Universität Gießen

Das Projekt erforscht an Beispielen, wie Kollektive aus der Erinnerung an Genozide Zukunftsperspektiven zu entwickeln versuchen. Neben der Shoah sollen etwa der Porajmos (Völkermord an Sinti und Roma), die Maafa (Handel mit versklavten Menschen) oder auch Tenochtitlán (Genozid an den Azteken) als Erzähl- und Erinnerungsfolien untersucht werden. Dazu werden empirische Studien aus dem Bildungsbereich einbezogen. In Form einer Metastudie soll dann verglichen werden, wie sich Bildungsinterventionen zu Holocaust Education und Genocide Education auswirken. Die historisch-politische Bildung soll so aufgrund empirischer Befunde zukunftsfähiger und internationaler werden.

Wie kann man Nanoplastik in der Umwelt messen?

Chemisch/mikroskopische Verfahren und KI zur Analyse von Nanoplastik

Antragstellung: Prof. Dr. Moritz Bigalke, Technische Universität Darmstadt

Nanoplastik – Partikel mit weniger als 1000 Nanometern (ein Nanometer entspricht einem Millionstel Millimeter) Größe – kann schädliche Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Menschen haben. Ziel des Projektes ist eine Messmethode für die Konzentrationen und die Eigenschaften von Nanoplastik in Böden, Wasser und der Luft. Dazu sollen mikroskopische und chemische Verfahren kombiniert mit Künstlicher Intelligenz genutzt werden, um auch sehr kleines Nanoplastik messen zu können.

Wie reagieren Zellen auf Stress und Alterung?

Ap4-all: Diadenosin-Tetraphosphat (Ap4A) – ein unterschätzter Stress-Mediator?

Antragstellung: Prof. Dr. Gert Bange, Dr. Johannes Freitag, Philipps-Universität Marburg

Die Übersetzung der Erbinformation in Eiweiße funktioniert in allen Lebewesen ähnlich. Umwelteinflüsse, Stress und Alterung stören den Prozess und spielen eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Krankheiten. Wie Zellen Veränderungen in der Synthese von Eiweißen wahrnehmen und darauf reagieren können, ist nicht vollständig verstanden. Das Projekt Ap4-all adressiert einen bisher kaum erforschten Mechanismus, welcher entscheidend für die Reaktion von Zellen auf Stress und Alterung sein könnte.

Können natürliche Moleküle aus Zellen Impfstoffe verbessern?

Entwicklung neuartiger RNA-Adjuvantien für verbesserte mRNA-Vakzine

Antragstellung: Prof. Dr. Leon Schulte, Philipps-Universität Marburg

Nicht erst im Kampf gegen die Corona-Pandemie haben sich mRNA-Impfstoffe als lebensrettendes Werkzeug der Medizin etabliert. Dabei regt so genannte Messenger-RNA Immunzellen zur Bildung eines fremden Proteins an und löst eine Immunantwort aus. Allerdings ahmen mRNA-Impfstoffe natürliche Infektionen nicht vollständig nach. Deshalb sind bislang Booster-Impfungen nötig. Das Projekt wird untersuchen, ob bestimmte Substanzen, die Immunzellen bei natürlichen Infektionen bilden, die Wirkung von mRNA-Vakzinen verbessern können. Die Hoffnung ist, dass diese natürlich vorkommenden, pharmakologisch bislang ungenutzten Stoffe mRNA-Impfstoffe wesentlich verbessern und so dabei helfen können, die Auswirkungen künftiger Pandemien zu verringern.

Wie kann aus Stammzellen gezielt neues Gewebe werden?

CellDistinct – Gezielte Zelldifferenzierung durch optimal gradierte Mikrogitterstrukturen

Antragstellung: Prof. Dr. Andreas Blaeser, Prof. Dr. Oliver Weeger, Technische Universität Darmstadt

Aus Stammzellen kann neues Gewebe entstehen, zum Beispiel, um geschädigte Knochen, Muskeln oder Nerven eines Patienten zu heilen. Dabei ist bislang noch eine große Herausforderung, die Differenzierung des Zellwachstums so zu steuern, dass die gewünschten Eigenschaften entstehen. Das Projekt will mittels 3D-Biodruck Mikrogitter entwickeln, die bestimmte Aspekte des Zellwachstums modulieren, ohne die biochemischen Merkmale zu beeinflussen. Die so gewonnenen Erkenntnisse könnten unter anderem patientenspezifischen, funktionalen Gewebeersatz ermöglichen, aber auch bei der Züchtung von Fleisch im Labor helfen.

Projekte der 3. Runde

Die Förderung der Projekte der zweiten Förderrunde startet zum 1. Januar 2023.

Wie lässt sich die Gesundheit des Kindes während der Schwangerschaft verbessern? Wie kann man die Chance auf ein gesundes Neugeborenes für schwangere Frauen erhöhen?

Antragstellung: Dr. Behnaz Bayat, apl. Prof. Dr. Ulrich Sachs

Justus-Liebig-Universität Gießen

Wenn das Immunsystem der Mutter mit den Blutplättchen des Fötus in Berührung kommt, kann dies die Produktion von Antikörpern auslösen, die sich gegen die Zellen des Fötus richten. Dieser Zustand heißt fetale/neonatale alloimmune Thrombozytopenie (FNAIT) und muss behandelt werden. Derzeit kann man jedoch den Schweregrad der FNAIT nicht vorhersagen. Das Projekt will durch In-vitro-Analyse ein Instrument für die pränatale Diagnose des Schweregrads der FNAIT entwickeln.

Wie gut können Emotionen das Verständnis literarischer Texte im Deutschunterricht im Sinne eines kompetenzorientierten Lernens unterstützen?

Antragstellung: Prof. Dr. Thomas Weitin

Technische Universität Darmstadt

Der Deutschunterricht soll für Literatur begeistern und Schülerinnen und Schülern beibringen, eigenständig zu urteilen und einfühlsam zu sein. Allerdings fehlen empirische Belege für derartige literarische Wirkungen. Das Projekt will prüfen, ob es ein Maß an Emotionalität gibt, das für das Verständnis literarischer Texte optimal ist. Es verbindet emotionsorientierte Methoden der Textanalyse mit der Messung emotionaler Reaktionen beim Lesen. Ziel sind konkrete Orientierungshilfen für den Deutschunterricht der gymnasialen Oberstufe.

Wie kann Bäckerhefe mithilfe eines natürlich vorkommenden Quantensensors dazu gebracht werden, auf schwache Magnetfelder zu reagieren?

Antragstellung: Prof. Dr. Lars-Oliver Essen

Philipps-Universität Marburg

Zugvögel wie das Rotkehlchen orientieren sich mit der Hilfe von Erdmagnetfeldern. Möglich macht das ein Protein im Vogelauge, Cryptochrom 4, das Signale weitergibt, wenn sich die Magnetfelder verändern. Das Projekt QuantumYeast will herausfinden, wie genau es zu dieser Änderung der Proteinstruktur von Cryptochromen kommt. Dafür baut es mit Bäckerhefe erstmals einen magnetosensitiven Modellorganismus nach.

Ist eine nachhaltige Architektur aus Abfall- und Abbruchmaterial der Bauindustrie ohne Verlust an Ästhetik möglich? 

Antragstellung: Prof. Dr.-Ing. Christine Döbert, Prof. Dr.-Ing. Achim Vogelsberg, Prof. Dr.-Ing. Bartosz Czempiel

Technische Hochschule Mittelhessen

Bauwerke müssen in Zukunft nachhaltig und mit weniger Rohstoff- und Energieverbrauch gebaut werden – und sie müssen ästhetisch sein: Nur ansprechende Häuser, in denen sich die Menschen wohlfühlen, werden auf lange Sicht genutzt. Das Projekt will neue ressourcenschonende Baukonstruktionen entwickeln, indem es Abfallprodukte verwertet und Abbruchmaterialien der Bauindustrie verwendet. Dabei stehen Ästhetik und die Formsprache der Konstruktionen im Vordergrund.

Projekte der 2. Runde

Die Förderung der Projekte der zweiten Förderrunde startete zum 1. Januar 2022.

Antragsteller: Dr. Uwe Niedermayer, Technische Universität Darmstadt

LOEWE-Förderung: 243.467 Euro

Moderne Nanotechnologie ermöglicht lasergetriebene Elektronenbeschleuniger auf Mikrochips, in denen wenige Elektronen auf kurzer Strecke viel Energie liefern. Dieses Projekt will mit solchen Elektronenstrahlen ein neues Elektronenmikroskop entwickeln, einschließlich der elektrostatischen Linsensysteme. Ein solches Instrument wäre deutlich kleiner und kostengünstiger als vergleichbare aktuelle Mikroskope und damit nicht nur wissenschaftlich revolutionär, sondern auch von enormer wirtschaftlicher Bedeutung etwa in der Pharmaindustrie.

Antragsteller: Prof. Dr. Robert Tampé, Dr. Ralph Wieneke, Goethe-Universität Frankfurt

LOEWE-Förderung: 288.679 Euro

Die Prozess- und Geräte-Miniaturisierung bestimmt zukünftige Technologien, auch in den Lebenswissenschaften. Ziel dieses Projektes ist es, hochintegrierte Lab-on-Grid-Plattformen für die Analyse zellulärer Komplexe zu entwickeln. Durch den Einbau verschiedener Funktionalitäten ermöglichen sie es, die Strukturen von fragilen Multiproteinkomplexen bis hin zur atomaren Auflösung zu bestimmen. So können zelluläre Prozesse bei Erkrankungen besser erforscht werden. Mit der Erweiterung auf mikrofluidische Technologien können so künftig das Screening von Wirkstoffen und die medizinische Diagnostik verbessert werden.

Antragsteller: Dr.-Ing. John Friesen, Technische Universität Darmstadt

LOEWE-Förderung: 198.472 Euro

Weltweit lebt rund eine Milliarde Menschen in Slums, oft ohne städtische Infrastruktur wie Strom oder Wasser. Um das zu ändern, müsste zunächst die Zahl ihrer Einwohner und ihre Entwicklung bekannt sein. Dafür werden Slums in mehreren Städten mithilfe von Satellitendaten zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfasst. Dann wird untersucht, ob ihre Entwicklung mit mathematischen Modellen beschrieben werden kann, wie sie sonst für die Beschreibung physikalischer Prozesse verwendet werden. Solche neuen Modelle könnten genutzt werden, um zu verstehen, wie sich Slums und vor allem die Bedürfnisse der Menschen, die darin wohnen, in Zukunft entwickeln werden.

Antragsteller: Prof. Dr. Adrian Ulges, Prof. Dr. Ulrich Schwanecke, Hochschule RheinMain, Wiesbaden

LOEWE-Förderung: 215.283 Euro

In der Entwicklung von Software kooperieren Entwickler als Programmier-Partner miteinander – kann auch ein KI-System eine solche Rolle einnehmen? „Find & Adapt“ lautet der Forschungsansatz, der den Entwicklern relevante Programmstellen aufzeigen und den Programmiercode automatisiert anpassen soll. Wenn das gelingt, kann „Code Buddy“ nicht nur firmeneigenes Wissen effizienter erschließen, sondern auch Millionen von Open-Source-Projekten als Wissensbasis verwenden. Softwareentwicklung wird so zu einem globalen kollektiven Unterfangen mit hohem Potenzial für Qualitäts- und Effizienzverbesserungen.

Antragsteller: Dr. Daniel Birnbaum, Städelschule Frankfurt

LOEWE-Förderung: 288.768 Euro

Der Frankfurt Prototyp macht die Stadt zu einem Innovationslabor für ökologisch und sozial nachhaltige Architekturkonzepte für die Metropolregion der Zukunft. Studierende der Städelschule (Architektur und Bildende Kunst) entwerfen und bauen gemeinsam mit Gaststudierenden anderer hessischer Hochschulen und externen Spezialisten den Prototyp. Der effiziente Umgang mit Ressourcen steht dabei im Vordergrund. Das Gebäude wird nicht mehr kosten als ein Einfamilienhaus, soll aber 15 Menschen Raum zum Leben und Arbeiten bieten. Es wird modular konzipiert, damit seine Bestandteile auch bei der Umnutzung leerstehender Gebäude eingesetzt werden können – wie ein Baukasten für die Reaktivierung des Bestands als Gegenmodell zur gängigen Praxis von Abriss und Neubau.

Nanobodies als neuer Ansatz zur biologischen Kontrolle von Stechmücken, Borkenkäfern und anderen Schädlingen

Antragsteller: Prof. Dr. Ernst H.K. Stelzer, Dr. Frederic Strobl, Goethe-Universität Frankfurt

LOEWE-Förderung: 277.779 Euro

Das Projekt legt den methodischen Grundstein dafür, mit Hilfe von Aktin-Nanobodies, kleinen Antikörpern, die Fruchtbarkeit bestimmter Schadinsekten zu verringern. Es geht zunächst um die Asiatische Tigermücke, die Infektionskrankheiten überträgt und sich aktuell in Folge der Erderwärmung in Hessen ansiedelt, sowie den Buchdrucker, eine Borkenkäferart, die Schäden in Millionenhöhe im hessischen Wald angerichtet hat. Hit Hilfe eines Nanobody-Gens wird die Spermatogenese gehemmt, um die Zahl der Nachkommen um rund zwei Drittel zu reduzieren. Da die Nanobodies nur in männlichen Tieren wirken, kann das entsprechende Gen mit Hilfe von weiblichen Tieren in lokalen Populationen verankert werden, um einen Langzeit-Effekt zu erreichen. Anders als Insektizide beschädigt diese Methode die Ökosysteme nicht.

Dimension Curse Detector. Offenlegung und Bewertung hochdimensionaler Konzentrationsphänomene im maschinellen Lernen

Antragsteller: Dr. Tom Hanika, Universität Kassel

LOEWE-Förderung: 287.553 Euro

Dimension Curse, „Fluch der Dimension“, heißt das Zusammenspiel einer Vielzahl von Effekten, die auftreten, wenn maschinelle Lernverfahren auf hochdimensionale Daten angewendet werden, etwa bei Tumoren in der Medizin. Bisher kann dieses Phänomen noch nicht mit Algorithmen berechnet werden. Es ist daher offen, inwieweit es Ergebnisse wissenschaftlicher Anwendungen entscheidend beeinflusst hat. Ziel des Projektes „Dimension Curse Detector“ ist es, eine berechenbare Annäherung des Konzentrationsphänomens zu entwickeln und als Prototyp anzuwenden. So sollen wissenschaftliche Resultate der vergangenen zehn Jahre aus dem Bereich künstliche Intelligenz ausgewertet und auf das Auftreten des Dimensionsfluchs getestet werden.

Projekte der 1. Runde

Die Förderung der Projekte der ersten Förderrunde startete zum 1. August 2021.

Antragsteller: Prof. Dr.-Ing. Viktor Krozer

Institution: Goethe Universität Frankfurt

Viele Menschen leiden an Diabetes und müssen mehrmals täglich ihr Blut auf den Zuckergehalt testen. Dieser invasive Test beeinträchtigt den Lebensstandard. Ziel dieses Projekts ist ein selbstlernendes Testsystem, das ohne Blutabnahme auskommt. Es könnte die Zahl zu spät diagnostizierter Blutzuckerüberhöhungen deutlich verringern und Menschen mit Diabetes helfen, ihren Zustand zu verfolgen. Dazu wurde der Einsatz elektromagnetischer Wellen und ihrer Übertragung durch eine Hautfalte für die Diabetesdiagnostik entwickelt. Mit Hilfe dieser Methode sollen in diesem Projekt selbstlernende maschinelle Methoden zum Einsatz kommen, um Messdaten bei verschiedenen Frequenzen zur Diabetesdetektion zu verarbeiten. Das maschinelle Lernen soll auf der Grundlage von neuronalen Netzen erfolgen.

Antragstellerin: Dr. Marina Gerhard

Institution: Philipps-Universität Marburg

Mikroplastik belastet unsere Umwelt immer mehr, vergiftet insbesondere die Meere und beschleunigt das Artensterben. Um die Belastung zu verringern, sind präzise Analysemethoden zu Art und Herkunft der Plastikteilchen nötig. Bisherige Verfahren sind teuer und kommen deshalb kaum zum Einsatz. Ziel dieses Forschungsvorhabens ist ein alternativer, potenziell sehr kostengünstiger Ansatz, der eine besondere Eigenschaft von Plastik-Materialien nutzt: Sie leuchten – genauer: lumineszieren – unter Anregung mit ultraviolettem Licht, und zwar je nach Farbe des anregenden Lichts und materialspezifischen Eigenschaften unterschiedlich. Mit der Lumineszenz-Anregungsspektroskopie können Materialien daher identifiziert werden. Dieses Forschungsvorhaben will die Treffsicherheit im Vergleich mit etablierten Spektroskopieverfahren evaluieren und darauf aufbauend das Messsystem optimieren und vereinfachen. Idealerweise werden so größer angelegte Studien zur Verteilung von Mikroplastik möglich.

Antragsteller: Prof. Dr. Peter Lenz; Prof. Dr. Martin Koch

Institution: Philipps-Universität Marburg

Mikroplastik gerät durch Kosmetika und andere Gebrauchsprodukte oder durch die Zersetzung von Plastikmüll in die Umwelt. Das Projekt will einerseits die Zersetzung von Kunststoffpartikeln und andererseits die Verteilung von Mikroplastik in der Umwelt im Computer simulieren und experimentellen Daten und Messungen gegenüberstellen. Konkret soll der Zerkleinerungsprozess von acht verschiedenen Basispolymeren in Laborexperimenten untersucht und die Mikroplastikbelastung in der Lahn über eine Länge von 30 Kilometern ermittelt werden. Sollte die Modellbildung erfolgreich sein, wäre das der erste Schritt zu einem Vorhersagesystem hinsichtlich der zu erwartenden Belastung der Umwelt mit Mikroplastik.

Antragsteller: Prof. Dr. Felix Hausch; Prof. Dr. Eberhard Hildt

Institutionen: Technische Universität Darmstadt; Paul-Ehrlich-Institut (Langen)

Wie wichtig Wirkstoffe gegen Viren sind, zeigt nicht nur die aktuelle Corona-Pandemie. Eines der wichtigsten Kriterien ist das Verhältnis von gewünschtem Effekt zu möglichen Nebenwirkungen. Das Projekt untersucht die Kernidee, ob durch die Kombination von zwei prominenten antiviralen Wirkstoff-Typen sogenannte Prodrugs abgeleitet werden können, die bevorzugt in viral infizierten Zellen wirken. Dadurch könnten unerwünschte Effekte in nicht betroffenen Zellen von Patienten reduziert werden. Dieses Konzept so genannter Protease-aktivierbarer antiviraler Prodrugs soll anhand von Hepatitis C-Viren (HCV) und Corona-Viren (SARS-CoV2) als gute verstandenen Modellsystemen demonstriert werden.

Antragsteller: Dr. rer. nat. Roland Klassen

Institution: Universität Kassel

Medikamente aus der Gruppe der sogenannten Fluoropyrimidine zielen darauf ab, selektiv infektiöse Pilze oder Tumorzellen zu inaktivieren. Oft aber wirken sie zu wenig oder treffen auch nicht infektiöse Pilze oder Zellen. Es wird vermutet, dass eine Nukleinsäureform, die für die Proteinfabrik in Zellen essenziell ist, ein Angriffsort für diese Medikamente sein könnte. Der Nachweis und eine Kenntnis der molekularen Details könnte den Grundstein zur Entwicklung neuer Therapieoptionen für Krebs und lebensbedrohliche Pilzinfektionen liefern.

Antragsteller: Prof. Dr. Robert Fürst; Prof. Dr. Dr. Achim Schmidtko

Institution: Goethe Universität Frankfurt

Etwa 12 bis 15 Millionen Menschen leiden in Deutschland an chronischen Schmerzen. Existierende Schmerzmittel wirken oft nicht ausreichend oder erzeugen schwere Nebenwirkungen. Dieses Projekt stellt die spannende Frage: Können Schmerzen durch eine Hemmung der sogenannten Protein-Biosynthese, auch als mRNA-Translation bezeichnet, behandelt werden? Ersten Experimente haben Hinweise darauf gegeben, dass Substanzen, die diesen Prozess blockieren, tatsächlich Schmerzen reduzieren können. Das Projekt will die Wirkung verschiedener Translations-Blocker in unterschiedlichen Schmerzmodellen analysieren und Daten zur Wirkstärke und Verträglichkeit liefern. Die Ergebnisse könnten dazu beitragen, eine völlig neue Möglichkeit zur Therapie chronischer Schmerzen zu entwickeln.

Antragsteller: Prof. Dr. rer. nat. Thaqif El Khassawna

Institution: Justus-Liebig-Universität Gießen

Autismus betrifft einen von 59 Menschen. Das verbreitete Bild vom sozial inaktiven, aber hoch intelligenten Kind blendet viele Aspekte der Krankheit aus. Sie kann zu einem breiten Spektrum an Beeinträchtigungen führen, darunter eine verzögerte körperliche und geistige Entwicklung, eingeschränkte soziale Kommunikations- und Interaktionsmöglichkeiten oder auch orthopädische Probleme, etwa ein verändertes Gangbild oder verringerte Knochenstabilität. In diesem Projekt soll untersucht werden, ob sich die Auswirkungen von Autismus auf die Knochen bei Kindern und Erwachsenen unterscheidet und wie sich die Standardtherapie mit Medikamenten und eine neuartige Vibrationstherapie auswirken. Ziel ist es, die Auswirkungen detailliert zu untersuchen und so neue Therapieansätze zu finden.

Antragsteller: Prof. Dr. Evelyn Gius

Institution: Technische Universität Darmstadt

Das Projekt entwickelt ein Computerprogramm, das Forschende in den Geisteswissenschaften nutzen können, wenn sie Textanalysen anfertigen. Das Besondere ist, dass es bereits vor der Analyse selbst ansetzt, nämlich dann, wenn die Kategorien bestimmt werden, mit denen ein Text analysiert wird. Zum Beispiel könnte eine Literaturwissenschaftlerin herausfinden wollen, wie Frauenfiguren in Romanen an der Wende zum 20. Jahrhundert dargestellt wurden. Die dafür nötigen Genderkategorien könnte sie vor der Analyse mithilfe des Programms ausarbeiten. Menschen fällt es schwer, Kategoriensysteme zu entwickeln, weil nicht alle damit zusammenhängenden Aspekte gleichzeitig bedacht werden können. Das Programm unterstützt das systematische Vorgehen und ermöglicht es, verschiedene Definitionen der Kategorien auszuprobieren, sie also sozusagen zu durchdenken. Dabei soll das Programm so gestaltet werden, dass es möglichst leicht und intuitiv zu bedienen ist, damit die Denkarbeit nicht von technischen Aspekten gestört wird.

Antragsteller: Prof. Dr. Janina Burk

Institution: Justus-Liebig-Universität Gießen

Körperzellen sind so individuell wie die Menschen, von denen sie stammen. Diese Individualität wird bei Laborstudien zur Entwicklung von Therapien und Medikamenten bisher kaum beachtet – das ist ein großes Hindernis für den Fortschritt der Forschung. Dieses Projekt will einen Paradigmenwechsel anstoßen: Es erforscht, wie Laborstudien mit Zellkulturen aufgebaut sein müssen, um die Individualität der Zellen verschiedener Spender angemessen zu berücksichtigen und so eine größere Aussagekraft über die Wirksamkeit neuer Therapien zu erzielen. Hierzu werden adulte Stammzellen verschiedener Spender in Zellkulturmodellen untersucht. Dabei wird überprüft, welchen Einfluss Studienaufbau und Arten der Experimentwiederholung auf die Ergebnisse haben. Ziel ist es, Empfehlungen zum Studienaufbau zu erarbeiten, die letztlich den Fortschritt bei der Entwicklung neuer Therapien verbessern könnten.

Antragsteller: Dr. Matthias Recke; Dr. Karsten Tolle

Institution: Goethe Universität Frankfurt

Archäologisches Material, das im Zusammenhang mit kolonialen Machtstrukturen und primär aus finanziellen Gründen nach Europa gebracht wurde, stellt eine besondere Herausforderung für die wissenschaftliche Bewertung dar. Das interdisziplinäre innovative Projekt will fotografische Sammelaufnahmen, die im 19. Jahrhundert im britisch verwalteten Zypern als „Verkaufskatalog“ von Antiken aufgenommen wurden, einer vielschichtigen Analyse auf der Grundlage neuronaler Netzwerken unterziehen. Die semi-automatisierte Bestimmung der rund 5000 abgebildeten Objekte ist auch für die KI nicht leicht, weil dazu eigentlich deutlich größere Datengrundlagen nötig sind und die historischen Fotografien nicht modernen Standards entsprechen. Da sich ein Großteil der abgebildeten Antiken heute in Berlin befindet, kann eine archäologische Bearbeitung gezielt Zuarbeit leisten und so die Trainingsprozesse der KI optimieren. Die auf vergleichbare Archivbestände übertragbare automatisierte Auswertung wird vertiefte Einblicke in den Antikenhandel zur Kolonialzeit geben.

DeepForest: Entwicklung von Machine-Learning-Methoden zur Schätzung der unteren Schichten der Waldvegetation aus Laserpunktwolken flugzeuggetragener Sensoren

Antragsteller: Prof. Dr.-Ing. Dorota Iwaszczuk

Institution: Technische Universität Darmstadt

Die Wälder der Erde sind von besonderer Bedeutung für das Klima und den Menschen. Sie sind Lebensraum für die viele Tier- und Pflanzenarten, binden Treibhausgase und sind ein wichtiger Rohstofflieferant für uns Menschen. Die möglichst detaillierte Erfassung ihrer Struktur ist für das Verständnis und den Schutz dieses komplexen Systems unerlässlich. Da die Erfassung bei Begehungen sehr aufwändig ist, können moderne Verfahren der Fernerkundung helfen. Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) sollen Methoden zur Beschreibung des Zustandes des Waldes und der bodennahen Vegetation entwickelt werden. Hierfür sollen Laserscanning- und Bilddaten aus flugzeug- und satellitengetragenen Sensoren genutzt werden, um Daten aus der Bodenperspektive zu erzeugen. Das entstehende digitale Modell kann zum Beispiel für den Hochwasserschutz und für die Untersuchung der Auswirkungen von Waldbränden eine wichtige Rolle spielen.

Agentenbasierte Simulationsmodelle für Mobilitätsmuster im Rhein-Main-Gebiet zur Evaluation von Wohlfahrtseffekten verkehrlicher Maßnahmen („ASIMOW“)

Antragsteller: Prof. Dr. Marco Sunder; Prof. Dr. Tobias Hagen

Institution: Frankfurt University of Applied Sciences

Das Projekt will eine Simulationsumgebung für Mobilitätsverhalten erproben – es widmet sich, salopp gesprochen, der Frage, wie kann man Mobilität und Verkehr so regeln, dass möglichst viele Menschen damit glücklich sind. Im Vergleich zu konventionellen Rechenmodellen soll dabei die Heterogenität der Menschen möglichst gut abgebildet werden, um bessere Prognosen zum Nutzen und den – auch zeitlichen – Kosten für verschiedene Personengruppen abgeben zu können. Somit wäre es möglich, gruppenspezifisch abzuschätzen, wie sich neue Radwege, eine City-Maut oder auch Trends gruppenspezifisch auswirken. Die Projektbeteiligten können umfangreiche Daten nutzen und beschäftigen sich regelmäßig mit verkehrspolitischen Maßnahmen. Das geplante Projekt ist in zweifacher Weise unkonventionell: Solche Modelle wurden aufgrund des hohen Rechenaufwands und des hohen Komplexitätsgrades in Deutschland noch nie für ganze Regionen genutzt, und sie wurden noch nie gezielt für wohlfahrtsökonomische Fragestellungen eingesetzt.

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