Blick in die Altstadt von Bad Orb mit vielen engstehenden Fachwerkhäusern

Der Landesdenkmalrat Hessen sieht Denkmäler als Chance für das Klima

21. Oktober 2022

Der Schutz unseres Klimas ist aktuell eine der wichtigsten Aufgaben. Der Hessische Landtag berät derzeit über ein Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels (Hessisches Klimagesetz – HKlimaG). Bis spätestens 2045 soll Hessen klimaneutral sein1. Bereits am 24.06.2021 hat der Deutsche Bundestag ein neues Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) beschlossen2, das die deutschen Treibhausgasminderungsziele bis 2040 verbindlich festlegt. So soll der Treibhausgasausstoß bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 65 Prozent reduziert werden. Die deutsche Klimapolitik ist eingebettet in Klimaschutzprozesse der Europäischen Union sowie der UNO. Gemeinsames Ziel ist, die Erderwärmung auf 2° C zu beschränken3.

Um- und Weiterbau im Bestand hat Potenzial

Der Bau und Betrieb von Gebäuden verursacht in Deutschland fast 41 Prozent der deutschen Treibhausgas-Emissionen (Stand: Juli 2021) sowie mehr als die Hälfte des Ressourcenverbrauchs4. 60 Prozent des jährlichen Abfallaufkommens in Deutschland werden durch Bauschutt verursacht.

In der Entwicklung der gebauten Umwelt und hier maßgeblich durch Um- und Weiterbau im Bestand liegen somit große Potenziale des Ressourcenschutzes und der Energieeinsparung (Graue Energie), die vorrangig zu nutzen sind. Dazu braucht es vielfältige und individuelle Lösungsansätze, mit Blick auf die erforderliche Energieeffizienz einerseits und den nachhaltigen Umgang mit der überlieferten historischen Denkmalsubstanz andererseits.

Vernetzte Quartierskonzepte sind Lösungsansätze

Die Energieeinsparungs-Potenziale sind orts- und landschaftsbezogen zu ermitteln: Was ist bereits vorhanden, wo bestehen Ausbaukapazitäten, Synergien und Ausgleichsmöglichkeiten? Hierfür eignen sich im besonderen Maße vernetzte Quartierskonzepte5 als Lösungsansatz, die ökonomische, ökologische und soziokulturelle Aspekte miteinander vereinen und gesellschaftliche Akzeptanz herbeiführen sollen.

Unabdingbar ist, Energieverbräuche zu reduzieren und regenerative Energiequellen zu aktivieren. Themen, die in der Baugeschichte oft prägend waren. Die Ausrichtung und Standortwahl waren vielfach ebenso wichtig, wie die Nutzung der natürlichen Ressourcen Sonne, Wind und Wasser. Denkmäler sind hier quasi eine gebaute Ideensammlung, die ganzheitlich-baukulturelles Erbe in sich vereinen. Es ist lohnend, diesen Wissensschatz zu analysieren und ihn als Chance für aktuell anstehende Herausforderungen zu nutzen. Die Vielfalt der historischen Lösungen verdeutlicht auch, dass nicht jedes Mittel an jeder Stelle geeignet ist.

Denkmalbewahrung ist Beitrag zum Klimaschutz

Neben dem ideellen Wert der Baudenkmäler hat jedes bestehende Gebäude zudem den Vorteil, dass seine Substanz bei Bewahrung klimaneutral besteht. Hingegen vernichtet jeder Abriss Energie und Neubaumaßnahmen produzieren CO2. Die Bewahrung von Denkmälern ist ein nachhaltiger Beitrag zum Klimaschutz. Bei der klimarelevanten Bewertung des Gebäudebestandes muss daher der „gesamte Lebenszyklus des Gebäudes in den Blick genommen und ganzheitlich betrachtet werden […]. Zu berücksichtigen ist die Gesamtenergiebilanz und nicht nur der künftige Energieverbrauch6".

Fußnoten

  1. Hessischer Landtag: Gesetzentwurf der Landesregierung „Hessisches Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels“ (Hessisches Klimagesetz – HKlimaG), Drucksache 20/9276 vom 30.09.2022, Eilausfertigung.
  2. Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, online: Deutsche Klimaschutzpolitik – https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Industrie/klimaschutz-deutsche-klimaschutzpolitik.htmlÖffnet sich in einem neuen Fenster
  3. „Leitbild und Maßstab für die Klimaschutzpolitik der Bundesregierung sind die Vereinbarungen der ⁠UN⁠-Klimarahmenkonvention und ihrer Zusatzprotokolle, das Kyoto-Protokoll und das Übereinkommen von Paris (siehe „Klimarahmenkonvention“).“ Umweltbundesamt, online: Treibhausgasminderungsziele Deutschlands: https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/treibhausgasminderungsziele-deutschlands#internationale-vereinbarungen-weisen-den-wegÖffnet sich in einem neuen Fenster
  4. Die bayerische Wirtschaft. Constructing Our Future - Planen. Bauen. Leben. Arbeiten. Eine vbw Studie mit Beiträgen von Prognos, Fraunhofer IAO und Leonhard Obermeyer Center. Stand Juli 2021: https://www.vbw-bayern.de/Redaktion/Frei-zugaengliche-Medien/Abteilungen-GS/Wirtschaftspolitik/2021/Downloads/vbw-ZKR2021_ConstructingOurFuture_Studie.pdfÖffnet sich in einem neuen Fenster
  5. Vereinigung der Landesdenkmalpfleger (VDL)/ Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hg.): Denkmalschutz ist Klimaschutz. Acht Vorschläge für eine zukunftsorientierte Nutzung des baukulturellen Erbes und seines klimaschützenden Potenzials, Wiesbaden, März 2022: https://www.vdl-denkmalpflege.de/fileadmin/dateien/Klimaschutz/VDL_Klima_Web_2022-03-25_Doppelseiten.pdfÖffnet sich in einem neuen Fenster
  6. Beschluss des Bundesrates: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Neufassung), Drucksache 40/22 vom 08.04.2022, S. 5 Nr. 17.

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