Ministerin Dorn steht im offenen Bulliwood-Wagen

Kultur in den ländlichen Räumen

Der Thementext im Masterplan Kultur Hessen zur Kultur in den ländlichen Räumen.

Hessen begreift Kultur als wichtigen Faktor für Lebensqualität, Demokratie und Zukunftsfähigkeit. Gerade in den ländlichen Räumen gehört ein reichhaltiges, attraktives Kulturangebot zu den wichtigen Elementen der Orts- und Regionalentwicklung: Kunst und Kultur sind ein Standortfaktor, aber mehr noch als das gehören sie zum Leben und tragen erheblich zum Erleben eines Ortes und zu einer Identifikation mit ihm bei. So können Kunst und Kultur Anlass werden, zu sagen: Ich bleibe da. Oder mehr noch: Da will ich hin!

Das Land hat die Förderungen für kulturelle Angebote in den ländlichen Räumen Schritt für Schritt ausgeweitet. Einen wichtigen Beitrag dazu leistet die Förderung einer kulturellen Infrastruktur unter anderem durch die Vervierfachung der Förderung für die soziokulturellen Zentren seit 2014. Sie bieten überall in Hessen, gerade auch in den ländlichen Räumen, ein Kulturprogramm über alle Genres hinweg, ermöglichen vielen Menschen die Teilhabe am kulturellen Leben und fördern Nachwuchs.

Das Land hat die Finanzierung des Landestheaters Marburg aufgestockt. So kann es seinem kulturpolitischen Auftrag besser nachkommen, auch in den vielen Kommunen zu gastieren, die kein eigenes Theater haben.

Auch kommunale und private Museen in den ländlichen Räumen unterstützt das Land, neben den zahlreichen landeseigenen Schlössern und Gärten, die im ländlichen Raum gelegen sind und vielfach Ankerpunkte für kulturelle Veranstaltungen bilden. Der vom Ministerium finanzierte Hessische Museumsverband leistet gerade für kleinere private Museen in ländlichen Gebieten wertvolle Beratungsangebote.

Die vier Kultursommer, zahlreiche regionale Festivals und das Kulturelle Raumprogramm bringen Künstlerinnen und Künstler in die ländlichen Räume und erreichen ein breites Publikum. Mit den Wanderkinos gelangen Filme in abgelegene Gemeinden ohne Kinoangebote. Das Hessische Atelierprogramm HAP unterstützt Künstlerinnen, Künstler und Kreative in den ländlichen Räumen bei der Finanzierung ihrer Arbeitsorte.

Auch Projekte der Heimat- und Brauchtumspflege werden vom Ministerium gefördert.

Der Kulturkoffer ist ein wesentliches Instrument dafür, auch weit über die großen Städte hinaus Kindern und Jugendlichen Kulturelle Bildung zu ermöglichen. In diesem Bereich setzt das Land zudem auf das viel beachtete Vernetzungs-, Beratungs- und Qualifizierungsprogramm „LandKulturPerlen“ und schafft darüber hinaus spannende Pilotprojekte.

Einen wichtigen Beitrag und niedrigschwelligen Zugang zur Kultur sowie zur Kulturellen Bildung in den ländlichen Räumen leisten zudem die Vereine, zum Beispiel aus dem Bereich der Amateurmusik, die das Land Hessen mit verschiedenen Förderungen unterstützt.

Im Vogelsbergkreis fördert das Land mit dem Projekt „TraVogelsberg“ maßgeblich ein Transformationsprojekt für Kultureinrichtungen auf dem Land.

Mit Fördermaßnahmen des LEADER-Programms trägt das Land – auch mit Unterstützung des Bundes und der EU – dazu bei, die Entwicklung in ländlichen Gebieten zu mobilisieren und die Lebensqualität zu sichern und weiterzuentwickeln.

Die Vision

In der Hessischen Verfassung ist das Ziel verankert, in ganz Hessen gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen. Ziel hessischer Landespolitik ist es daher, allen Hessinnen und Hessen eine attraktive Umgebung zum Leben und Arbeiten zu bieten und dabei auch einen möglichst breiten Zugang zu Kultur vor Ort zu ermöglichen. Zu diesem Zweck will das Land Kultur in den ländlichen Räumen stärken, ihre Besonderheiten und ihre Vielfalt sichtbarer machen und Teilhabe fördern.

Dazu gehört auch, die Komplexität der Kultur in den ländlichen Räumen anzuerkennen und zu berücksichtigen: Die Kulturlandschaft wird ebenso von Institutionen wie von freien Künstlerinnen und Künstlern gestaltet, Haupt- und insbesondere Ehrenamt ermöglichen Kunst und Kultur in verschiedenen Strukturen, Projektarbeit und Infrastruktur haben unterschiedliche Bedarfe. Es gilt also, unterstützende Maßnahmen mit einem aufmerksamen Blick zu entwickeln und zu gestalten, um spezifische Wirkung entfalten zu können. Amateurmusik- und Kulturvereine im ländlichen Raum will Hessen in den Blick nehmen und langfristig stärken (siehe auch Maßnahmen zur Förderung des Ehrenamts im Kapitel Engagement).

Schauspieler proben vor einer Burg.

Hessen will Kulturakteurinnen und -akteure sowie Kulturinstitutionen in den ländlichen Räumen noch intensiver unterstützen. Ziel dabei ist die nachhaltige Stärkung der kulturellen Infrastruktur. Hier wollen wir die jeweiligen spezifischen Charakteristika der ländlichen Räume berücksichtigen, Kulturorte fit für die Digitalisierung machen und Orte des gesellschaftlichen Miteinanders stärken. Dazu bedarf es einer engen Abstimmung mit den Landkreisen und Kommunen, weil für eine Weiterentwicklung der kulturellen Infrastruktur auch die Infrastruktur der Gemeinden allgemein sowie die Verkehrsinfrastruktur passend weiterentwickelt werden müssen. Das Land will darauf hinwirken, dass Kommunen und Kreise den kulturpolitischen Dialog stärken und eigene strategische Konzepte für die Kulturentwicklungsplanung vor Ort und ggf. interkommunal entwickeln. 

Hessen will zudem die spezifischen Strukturen in den ländlichen Räumen unterstützen. Dazu gehört es, Kreative weiter zu qualifizieren, zu beraten und zu vernetzen. Die Möglichkeiten, beim Land Fördermittel für eigene Kulturprojekte zu beantragen, wollen wir noch besser kommunizieren und die Antragstellung – wo möglich – vereinfachen.

Folgende Handlungsfelder wurden im Beteiligungsprozess für wichtig erachtet. Aus diesen wurden erste Maßnahmenvorschläge abgeleitet, um die im Beteiligungsprozess beschriebenen Aufgaben konkret umzusetzen.

  • Sichtbarkeit der kulturellen Einrichtungen, der kulturellen Besonderheiten und der Vielfalt der ländlichen Räume stärken (z. B. durch Förderung von Kooperationen, durch Stärkung der Zusammenarbeit mit dem Tourismus).
  • Förderung der für ländliche Räume besonders wichtigen Kulturfelder intensivieren (z. B. Kultursommer, Festivals, Vereinsarbeit und Vernetzungsaktivitäten).
  • Zusammenarbeit mit dem Tourismus stärken, regionale kulturelle Besonderheiten und Brauchtum sichtbar machen.
  • Unterstützung bei der Entwicklung kommunaler Bildungslandschaften (z. B. durch Stärkung der Kooperation zwischen den Musikschulen und den Schulen).

  • Attraktivität der ländlichen Räume für Künstlerinnen und Künstler stärken (z. B. durch zielgerichtete Nachwuchsförderung oder eine Weiterentwicklung des Atelierprogramms).
  • Vorhandene Beratungsangebote ausbauen (z. B. zu Digitalisierung, Kommunikation, Antragsstellung).
  • Mobilität von kulturellen Angeboten sowie Angeboten der kulturellen Bildung fördern und die Einbindung mobiler Angebote in das vorhandene Angebot vor Ort stärken (z. B. durch Unterstützung mobiler Angebote und der Veranstalter sowie Ertüchtigung von Veranstaltungsorten).
  • Teilhabemöglichkeiten durch Abbau von typischen Barrieren stärken (z. B. durch Stärkung der Mobilität im ländlichen Raum, diversitätsorientierte Ansprache oder zielgruppengerechte Eintrittspreise).
  • Etablieren von „Schaltstellen“ innerhalb der Regionen unterstützen, um die Potenziale der ländlichen Räume zu nutzen und die Vernetzung von Kultureinrichtungen sowie Akteurinnen und Akteuren vor Ort zu ermöglichen (z. B. durch Weiterentwicklung bestehender Initiativen um Regionalbüros oder Regionalbeauftragte oder durch Stärkung der Fachverbände als Schnittstelle zu Kulturlandschaften urbaner Räume).

  • Ehrenamtliche Arbeit stärker wertschätzen und anerkennen und vorhandene Angebote von Freiwilligendiensten unterstützen (siehe Kapitel „Engagement“).
  • Anreize für Kooperationen und Austausch schaffen (z. B. interkommunal oder mit Künstlerinnen und Künstlern aus anderen ländlichen oder urbanen Räumen).
  • Räume für künstlerisches Arbeiten in ländlichen Räumen gemeinsam mit den Kommunen fördern oder bereitstellen (z. B. in landeseigenen Liegenschaften, durch Förderung der Leerstandnutzung, durch Nutzung historischer Bausubstanz).
  • Bedarf für die Stärkung der kommunalen und regionalen Kultur ermitteln und Kommunen dazu anregen, eigene Entwicklungsplanungen voranzutreiben (z. B. kommunale Kulturentwicklungsplanungen, Kulturdialoge oder Beiräte oder interkommunale Kulturentwicklungsplanungen).

  • Kommunikation zwischen dem Land Hessen, den Kreisen und den Kommunen zu Entwicklungen in der Kulturförderung intensivieren (z. B. durch digitales Netzwerk, durch Newsletter zu Förderungen).
  • Informationen über landesweite Beratungsstellen wie die Archivberatung oder den Museumsverband bündeln (z. B. durch Newsletter, ein digitales Förderboard).
  • Austausch zwischen den Kulturakteurinnen und -akteuren der unterschiedlichen Regionen initiieren (z. B. über bedarfsgerechte Fördermodelle für Kooperationsprojekte, Anregung von regionalen Formaten für den Austausch).

Folgende Maßnahmen sind Vorschläge für eine konkrete Umsetzung in einer kurz- oder mittelfristigen Perspektive: 

  • Die für Projekte im ländlichen Raum relevanten Informationen für eine Förderung und dazugehörige Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner übersichtlich bündeln (z. B. durch eine Übersicht auf der Webseite des HMWK).
  • Gemeinsam mit den Kommunen und dem Umweltministerium erste Projekte zur Errichtung sogenannter „Dritter Orte“ entwickeln und durchführen (z. B. Kunst- und Kulturinstitution mit Dienstleistungen verbinden, soziokulturelle und gemeinschaftliche Aktivitäten bündeln wie z. B. durch Gemeinschaftsgärten mit kulturellem Angebot und Verknüpfung mit dem Netzwerk hessischer Schulgärten, zur Brauchtumspflege, etc.).
  • Die LandKulturPerlen auf das ganze Land ausweiten und konzeptionell weiter stärken (z. B. durch weitere Regionalmanagerinnen und Regionalmanager, die Intensivierung der Mikroprojektförderung oder mehr Beratung und Vernetzung).
  • Gemeinsam mit den Kommunen und ggf. weiteren Partnerinnen und Partnern die Einrichtung einer Leerstandsbörse prüfen.
  • Pilotprojekte mit den Kommunen zur strategischen Kulturförderung anstoßen (z. B. durch Etablierung nachhaltiger Strukturen eine Stelle für Kulturförderung anstoßen oder regionale Masterplanprozesse).
  • Die Gastspielförderung im ländlichen Raum mit geeigneten Mitteln intensivieren.
  • Gemeinsam mit den Staats- und Landestheatern und deren Besucherorganisationen prüfen, ob die Landeseinrichtungen Unterstützung bei der Mobilität von Besucherinnen und Besuchern aus dem ländlichen Raum leisten können.
  • Sensibilisierung für die Etablierung nachhaltiger Strukturen vor Ort (z. B. durch gemeinsame Nutzung lokaler Veranstaltungsorte).
  • Kommunen und Landkreise beraten zur mit LEADER-Förderung hinterlegten Ausschreibung für künstlerische Projekte.

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