Ein Kind pustet Konfetti in die Kamera

Kulturelle Bildung

Der Thementext im Masterplan Kultur Hessen zur Kulturellen Bildung.

Kultur gehört zum individuellen und gesellschaftlichen Leben. Deshalb ist Kulturelle Bildung elementarer Bestandteil der Allgemeinbildung. Die Grundlagen dafür werden in den Familien, in der Kindertagesbetreuung, in Schulen und der Kinder- und Jugendarbeit sowie der außerschulischen Jugendbildung gelegt. Mit diesem Zugang zu Kunst und Kultur, den uns die Kulturelle Bildung eröffnet, lernen wir unsere individuelle Persönlichkeit besser kennen und entwickeln sie weiter. Wir gewinnen Perspektiven für die Auseinandersetzung mit unserer vielfältigen Lebenswelt und werden dazu befähigt, kreativ und selbstwirksam Gesellschaft zu gestalten. Hessen versteht Kulturelle Bildung als Motor für die individuellen Bildungsprozesse jeder und jedes Einzelnen und damit auch für die Integration und gesamtgesellschaftliche Entwicklung. Sie stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt in einer zunehmend diversen Gesellschaft, die Diskurskultur und damit die Demokratie in unserer offenen und vielfältigen Gesellschaft. Zudem ist Kunst Ausdruck und Erfahrung der Freiheit. Kulturelle Bildung ermöglicht es allen Menschen, ihre Potenziale zu entwickeln.  Als ästhetische Erfahrung erschließt sie ihnen mögliche eigene kreative Wirkungsfelder, mit denen sie an der Gesellschaft teilhaben und sie gestaltend bereichern können. Kulturelle Bildung ermöglicht Teilhabe und ist essenziell für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft. Um die Grundlagen hierzu so früh wie möglich zu schaffen, stehen Kinder und Jugendliche besonders im Fokus. Gleichwohl ist Kulturelle Bildung im ganzheitlichen Verständnis für Menschen jeden Alters unabdingbar.

Seit 2015 hat das Land Hessen seine Bemühungen um die Kulturelle Bildung deutlich verstärkt. In einem ersten Schritt wurde dazu die finanzielle Förderung von Angeboten der Kulturellen Bildung nachhaltig gestärkt, viele spezifische Förderprogramme wurden aufgelegt. Ein zentraler Baustein für eine breite Verankerung von Projekten im ganzen Land ist der „Kulturkoffer“, der Projekte der Kulturellen Bildung vor allem für junge Menschen im ganzen Land fördert. Weil der Kulturkoffer vor allem Kooperationsprojekte fördert, kann er die ganze Bandbreite der Kulturellen Bildung für die Kinder und Jugendlichen zugänglich machen. Die Kinderkultursommer bieten in den Sommerferien kulturelle Ankerpunkte. Mit der institutionellen Förderung der Landesvereinigung Kulturelle Bildung (LKB) Hessen unterstützt das Land maßgeblich eine wichtige Fachverbandsstruktur.

Ein zentraler Aspekt für die Weiterentwicklung der Angebote des Landes ist die Schnittstelle zwischen der Kulturvermittlung und den Schulen oder Betreuungsangeboten. Hier ist das Land mit Angeboten wie dem „Fliegenden Künstlerzimmer“ und „Jugend malt“ engagiert. Die Unterstützung des Landes für die Kulturelle Bildung zeitigt positive Wirkung, benötigt aber eine noch stärkere Stabilität und Ausdifferenzierung, um die formulierten Ziele noch besser verfolgen zu können. Zusätzlich zu diesen Angeboten gibt es mit den Wettbewerben „Jugend musiziert“, „Jugend jazzt“ und „Jugend komponiert“ wertvolle Angebote zur Kulturellen Bildung in der Musik.

Innerhalb der Landesregierung arbeitet die Interministerielle Arbeitsgruppe „Kulturelle Bildung“ des Kultus-, Sozial- und Kunstministeriums zusammen daran, die Rahmenbedingung für die Kulturelle Bildung in Hessen zu verbessern.

Die Vision

Angebote der Kulturellen Bildung sollen vielfältige Perspektiven und Begegnungen ermöglichen. Sie sollen Kindern und Jugendlichen nicht nur Zugänge zu Bildung im Wortsinn ermöglichen, sondern den Teilnehmenden Lust darauf machen, sich selbst tatkräftig in die Gestaltung der Kultur vor Ort und auch der kulturellen Bildungsangebote selbst einzubringen. Kulturelle Bildung geht dabei über das eigene Ausüben von Kunst hinaus. Sie besteht auch in der kritischen Rezeption von Kunst, als Leserinnen und Leser, Museumsbesucherinnen und Museumsbesucher, Film- oder Theaterzuschauerinnen und -zuschauer.

Angebote der Kulturellen Bildung sollen perspektivisch allen Menschen gleichermaßen zugänglich sein, ganz gleich, wie alt sie sind, welchem Geschlecht sie sich zugehörig fühlen, wie sich ihre Fähigkeiten gestalten, wo sie herkommen oder in welchen sozialen und ökonomischen Lebensrealitäten sie sich befinden. Das Land setzt sich das Ziel, allen Menschen in Hessen einen niedrigschwelligen Zugang zu qualitätsvoller Kultureller Bildung zu bieten. Kindertagesbetreuung und Schulen sollen Kulturelle Bildung als integralen Bestandteil ihres Bildungskanons verwirklichen. Ziel ist es, dass Kulturinstitutionen ihren kulturellen Bildungsauftrag strukturell verankern und somit auch immer kulturelle Bildungsorte sind.

Zu diesem Zweck soll Kulturelle Bildung insbesondere in der Kindertagesbetreuung und an Schulen, aber auch außerschulisch und in Angeboten z. B. der offenen Kinder- und Jugendarbeit strukturell stärker verankert und inhaltlich weiterentwickelt werden. Kulturelle Bildung hat als Element frühkindlicher Bildung einen hohen Stellenwert für die kindliche Entwicklung und trägt maßgeblich dazu bei, dass Kinder sich ausdrücken und ihre kognitiven Fähigkeiten entwickeln können. Sie ermöglicht Teilhabe sowie die Erfahrung von Selbstwirksamkeit durch eigenes kreatives und künstlerisches Handeln. Das Land will daher Konzepte zur Kulturellen Bildung fördern, die alle Bildungs- und Lernorte im Blick haben. Altersgruppen- und institutionsübergreifende Konzepte, die sich vor allem auf die Übergänge und den Bedarf von Familien konzentrieren, will das Land stärker in den Blick nehmen. Hessen misst allen künstlerischen Sparten eine wichtige Rolle für die kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen bei: Musikschulen, Kunstschulen, Theater, Museen, Orchester, Bibliotheken, Kulturzentren, Kinos und Institutionen der Denkmalpflege sind wichtige Orte und wichtige Partner, ebenso die vielen freischaffenden Künstlerinnen und Künstler, die in der Kulturvermittlung tätig sind oder Unterricht geben, nicht zuletzt in den ländlichen Räumen. Die Musikschulen will das Land gemeinsam mit der kommunalen Familie und dem Verband der Musikschulen qualitätsorientiert weiterentwickeln und insgesamt stärken.

Schwarz gekeidete Jugendliche mit weiße Masken stehen sich gegenüber und heben die Fäuste

Kulturelle Bildung geht über Kinder- und Jugendbildung hinaus. Sie muss ebenso Bestandteil der Erwachsenenbildung und von Angeboten für Seniorinnen und Senioren und für Familien sein. Ziel ist der flächendeckende Abbau von Zugangshürden aller Art. Hierzu ist es besonders wichtig, die Angebote zur Kulturellen Bildung gemeinsam mit den jeweiligen Zielgruppen, den Künstlerinnen und Künstlern und pädagogischen Fachkräften zu entwickeln und zu konzipieren, aber auch bestehende Maßnahmen der Kulturellen Bildung darauf zu überprüfen, inwieweit sie den Erfordernissen und Bedingungen einer sich wandelnden Gesellschaft entsprechen. Nur so werden die Angebote dauerhaft attraktiv genug sein, um ihre jeweiligen Zielgruppen zu erreichen. Es bleibt gemeinsame Aufgabe aller Akteurinnen und Akteure, Zugangshürden zu identifizieren und wirksam zu beseitigen. Vor allem Kinder und Jugendliche können und sollen durch Partizipation im Kontext Kultureller Bildung eine Stimme bekommen.

Hessen wird die Akteurinnen und Akteure der Kulturellen Bildung perspektivisch stärken und durch Beratungs-, Vernetzungs-, Begegnungs- und Qualifizierungsangebote unterstützen. Gemeinsam mit den Fachverbänden will das Land die kontinuierliche qualitative Verbesserung der Angebote vorantreiben. Damit nachhaltigere Strukturen entstehen, strebt Hessen eine bessere Vernetzung und Kooperation der Institutionen, der Vereine sowie Akteurinnen und Akteure untereinander an. Zu diesem Diskurs gehört es, sich immer wieder über Begrifflichkeiten und Inhalte auszutauschen; er soll es jedoch vor allem ermöglichen, neue künstlerische und pädagogische Erkenntnisse für die Angebotsgestaltung zu gewinnen. Dazu gehört ein wissenschaftlicher Diskurs, der zum Beispiel mittels Studien ein Monitoring betreibt, um damit das Verständnis von Qualitätsansprüchen zu schärfen bzw. Qualität zu definieren. Außerdem sollen sogenannte Dritte Orte (Orte gesellschaftlicher Zusammenkunft) als Räume für die Begegnung mit Kunst und Kultur und Kulturelle Bildung insbesondere in ländlichen Räumen unterstützt werden.

Folgende Handlungsfelder wurden im Beteiligungsprozess für wichtig erachtet. Aus diesen wurden erste Maßnahmenvorschläge abgeleitet, um die im Beteiligungsprozess beschriebenen Aufgaben konkret umzusetzen.

  • Gezielt Zugänge schaffen und teilhabeorientiert Programme gestalten (z. B. durch pädagogisch-künstlerische Vermittlungsangebote für unterschiedliche Zielgruppen, zielgruppenorientierte Kommunikation und Vermittlung, aufsuchende Projekte vor Ort, die gemeinsam mit den Zielgruppen konzipiert werden).
  • Förderinstrumente für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene weiterentwickeln und ihre Kommunikation stärken (z. B. durch Ausbau der Talentförderung, durch Stärkung von Programmen wie „Kulturkoffer“, „Ohne Punkt und Komma“, „Jugend malt“, „Musikmentoren“ und dem Jungem Literaturforum Hessen-Thüringen).
  • Diversität von Personal, Themen und Inhalten Kultureller Bildungsarbeit erhöhen; Kooperationen stärken, die diese Entwicklung befördern.

  • Kitas und Schulen als Basis der Kulturellen Bildung stärken und weiterentwickeln (z. B. durch Fort- und Weiterbildungsprogramme, Verbesserung der Ausstattung, durch Verankerung der Fächer Musik, Darstellendes Spiel/Theater und Bildenden Kunst in Schulcurricula).
  • Kulturelle Bildung in Studien- und Ausbildungscurricula verankern.
  • Gemeinsam mit den Kommunen und Landkreisen die Zusammenarbeit zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Kulturinstitutionen, den Vereinen, den Trägern und Einrichtungen der außerschulischen Jugendbildung, den Kulturakteurinnen und -akteuren sowie Schulen stärken (z. B. über den schulischen Alltag hinaus oder im Rahmen des Ganztagsangebots, durch Einbindung von Lehrkräfteakademien als Mittler für multiprofessionelle Teams).
  • Erfolgreiche Projekte der Kulturellen Bildung langfristig verstetigen und zugleich neue Ansätze und Ideen kultureller Bildungsarbeit ermöglichen (z. B. kooperative, partizipative oder inklusive Arbeitsweisen).
  • Gemeinsam mit dem Verband der Musikschulen und der kommunalen Familie die Musikschulfinanzierung weiterentwickeln (z.B. durch Fortsetzung des Runden Tisches, Einbezug des Verbands der Musikschulen in die Erarbeitung in die Förderrichtlinie und langfristig planbare Mittelerhöhungen).

  • Formate schaffen, in denen sich alle Beteiligten (Verbände, Wissenschaft, Praxis, Expertinnen und Experten) über Qualität in der Kulturellen Bildung austauschen und gemeinsame Standards formulieren können und in denen Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch für künftige Kulturelle Bildungsarbeit geleistet werden kann (z. B. durch eine jährliche Tagung oder eine gemeinsame Institution für Vernetzung und Fortbildung).
  • Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote stärken für Künstlerinnen und Künstler, die in der Kulturellen Bildung aktiv sind (z. B. durch Stärkung der LandKulturPerlen oder Weiterentwicklung bestehender Bildungsangebote der hessischen Hochschulen).
  • Herausragende Projekte mit Modellcharakter noch stärker als Vorbild für zukünftige Entwicklungen würdigen und, wo möglich, ausweiten und auf stabilere Füße stellen (z. B. durch Wettbewerbe und Auszeichnungen für besonders erfolgreiche Projekte und Best Practices sowie durch Weiterentwicklung des „Kulturkoffers“).
  • Landeseigene und institutionell geförderte Einrichtungen dafür sensibilisieren, Kulturelle Bildung noch stärker in den Blick zu nehmen und vorhandene Potenziale konsequenter zu aktivieren (z.B. durch eine Verbindung der Förderzusage mit einem Mindestangebot an Kultureller Bildung).

Folgende Maßnahmen sind Vorschläge für eine konkrete Umsetzung in einer kurz- oder mittelfristigen Perspektive:

  • Bestehende Programme sukzessive weiterentwickeln, um mehr außerschulische, intergenerationelle und interkulturelle kulturelle Bildungsarbeit zu ermöglichen, Partizipation zu fördern und die Erprobung neuer Formate zu ermöglichen. Langfristige Erweiterung des Kulturkoffers mit dem Ziel, kulturelle Bildungsarbeit für Erwachsene und Seniorinnen und Senioren mit einem institutionellen Rahmen zu versehen.
  • Beispielhafte Projekte in ihrer Vorbildfunktion unterstützen, indem die Sichtbarkeit im Rahmen einer Best-Practice-Onlinebörse erhöht wird
  • Einen (digitalen) Katalog im Sinne eines „Künstlerinnen und Künstler Pools" entwickeln und aufbauen, um zur Professionalisierung von Projekten der Kulturellen Bildung beizutragen, Sichtbarkeit zu schaffen und neue Kooperationen zu ermöglichen.
  • Einen Dialogprozess mit den relevanten Kulturakteurinnen und -akteuren anstoßen zur Erarbeitung von Qualitätskriterien und einer Entscheidungshilfe für Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartner zur Verbesserung der Zusammenarbeit, der Inhalte und der Methoden der Kulturellen Bildung.
  • Gemeinsam mit dem Hessischen Kultusministerium und dem Hessischen Ministerium für Soziales und Integration die Kulturelle Bildung in der Lehrerbildung, im Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder von 0 bis 10 Jahren in Hessen und den Schulcurricula stärken, vor allem mit Blick auf das Ganztagsschulangebot und der besonderen Berücksichtigung der Kulturellen Bildung in der Kindertagesbetreuung.
  • Ein Netzwerk zwischen Wissenschaft, Verwaltung, Schule und Praxis der Kulturellen Bildung institutionell aufbauen und gemeinsam Pilotprojekte für Vernetzung, Nachwuchsgewinnung und Qualitätssicherung in der kulturellen Bildung anstoßen.
  • Die Zusammenarbeit zwischen Kultur-, Kultus und Sozialministerium zur Förderung der kulturellen Bildung in der Interministeriellen Arbeitsgruppe (IMAG) Kulturelle Bildung weiter intensivieren. Den Dialog der IMAG mit den Praktikerinnen und Praktikern stärken.
  • Den Runden Tisch zur Musikschulfinanzierung weiterführen und mit einem Arbeitsplan in die Weiterentwicklung der Förderung einbeziehen.

Schlagworte zum Thema