Das Neue Schloss von Gießen, davor sind Sprechblasen mit dem Manisch-Ausdrücken

Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur

Einstige Geheimsprache Gießener Manisch ist Immaterielles Kulturerbe

Hessische Ausprägung der „Rotwelsch-Dialekte“ ins Bundesweite Verzeichnis aufgenommen

Wiesbaden. Die Dialektform Gießener Manisch steht jetzt im Bundesweiten Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes. Manisch gehört zu den Rotwelsch-Dialekten, die in vielen Regionen Deutschlands gesprochen werden. Ein Antrag, sie als Träger kultureller Ausdrucksformen anzuerkennen, ist von der Deutschen UNESCO-Kommission angenommen worden. Gestellt wurde er vom Sprachwissenschaftler Klaus Siewert, Vorsitzender und Gründer der Internationalen Gesellschaft für Sondersprachenforschung im westfälischen Münster. Das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes würdigt kreative und inklusive Kulturformen und deren reichen Schatz an Erfahrungswissen.

Kultur wird von Menschen gelebt

„Kultur ist nicht nur in Museen und Theatern zu finden, Kultur wird täglich von Menschen gelebt – auch und gerade in der Sprache. Der Gießener Manisch ist ein Identifikationsmerkmal der Region, wir begegnen ihm auf Souvenirs, in Graffiti-Kunst und im Gespräch am Kiosk. Ich freue mich, dass wir mit dem Gießener Manisch nun einen weiteren Eintrag mit Hessenbezug im Bundesweiten Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes haben“, so Kunst- und Kulturminister Timon Gremmels. „Es ist dem unermüdlichen Engagement von vielen Bürgerinnen und Bürgern zu verdanken, dass die kulturelle Tradition des Dialektes praktiziert und an künftige Generationen weitergegeben wird. So bleibt Brauchtum lebendig.“

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Die Rotwelsch-Dialekte wurden als geheime Sprache von sozial Benachteiligten, Fahrenden und Händlern entwickelt. Sie basieren unter anderem auf einer Mischung aus Deutsch, Westjiddisch, Romani und weiteren Sprachen, die über Generationen hinweg weitergegeben wurden, wie die UNESCO mitteilt. Heute werden Rotwelsch-Dialekte in mehreren Regionen Deutschlands als kulturelles und identitätsstiftendes Erbe bewahrt. Der Gießener Manisch hat sich von dieser Geheimsprache gesellschaftlicher Randgruppen zu einem Gießener Identifikationsmerkmal entwickelt. Seit den 1970er Jahren ist er wieder verstärkt zu hören und taucht in den unterschiedlichsten Formen auf: So nennt sich eine Basketballmannschaft „Gießener Rackelos“ („Gießener Jungs“) und auch T-Shirts und Tassen mit Manisch-Deutsch Übersetzungen sind beliebt.

Vier Einträge mit Hessenbezug

Mit dem Gießener Manisch gibt es nun vier Einträge mit direktem hessischem Bezug im Bundesweiten Verzeichnis für Immaterielles Kulturerbe: Der Hessische Kratzputz steht seit 2016 auf der Liste, 2022 kam die Apfelweinkultur dazu, 2024 die nordhessische Schwälmer Weißstickerei. Beim Immateriellen Kulturerbe steht das aktive Praktizieren von Kultur im Mittelpunkt: Bräuche, Künste, Feste und Handwerkstechniken sind kulturelle Ausdrucksformen. Das UNESCO-Übereinkommen zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes von 2003 will dieses Erbe, seine Vielfalt und Kreativität bewahren und den gegenseitigen Respekt der Menschen vor ihren Kulturen stärken. Die Aufnahme ist mit einem mehrstufigen Verfahren verbunden. Erst, wenn ein regionaler Brauch oder eine besondere Handwerkstechnik im Rahmen eines Antrags von einem Bundesland an das ehrenamtliche Fachkomitee der UNESCO zur Begutachtung weitergeleitet wird, dieses wiederum Empfehlungen zur Beschlussfassung an die Kultur-Ministerkonferenz weiterreicht und die Kultur-MK mit der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien Benehmen herstellt, kann der Brauch oder die Handwerkstechnik in das Bundesweite Verzeichnis für Immaterielles Kulturerbe eingetragen werden. In einem nächsten Schritt haben sie eine Chance darauf, auch in die weltweiten Listen aufgenommen zu werden. 

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