Die Entscheidung über die Aufnahme der „Mathildenhöhe Darmstadt“ in die Welterbeliste hatte sich zuletzt pandemiebedingt um ein Jahr verzögert, da die 44. Sitzung des Welterbekomitees im vergangenen Jahr nicht stattfinden konnte. Neben der „Mathildenhöhe Darmstadt“ wurde in die Welterbeliste auch die transnationale Bewerbung unter deutscher Beteiligung „The Great Spas of Europe“ aufgenommen. Weitere Nominierungen aus Deutschland, die zur Entscheidung anstehen, sind die „SchUM-Städte Speyer, Worms und Mainz“ sowie die Erweiterung der transnationalen Stätte „Grenzen des Römischen Reiches“, in der mit dem Obergermanisch-Rätischen Limes auch Hessen vertreten ist, um zwei Abschnitte (Donaulimes, Niedergermanischer Limes).
künstlerische und erstmals ganzheitliche Vision des „modernen“ Lebens
Auf der „Mathildenhöhe Darmstadt“ wurde zwischen 1899 und 1914 in international einzigartiger Weise die künstlerische und erstmals ganzheitliche Vision des „modernen“ qualitätvollen Lebens in die Realität umgesetzt. Auf einem markanten Plateau oberhalb der Altstadt gestalteten damals ambitionierte Künstler auf Initiative des Großherzogs Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein das Ensemble einer „neuen Stadt“. 1901 zeigte die erste große Schau unter dem Titel „Ein Dokument Deutscher Kunst“ künstlerisches und kunsthandwerkliches Schaffen am Beginn des neuen Jahrhunderts. Die Impulse der Darmstädter Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe beeinflussten Generationen von Architektinnen und Architekten, Landschaftsplanerinnen und Landschaftsplanern und strahlen bis in die Gegenwart aus. Mit dem Hochzeitsturm, dem Ausstellungsgebäude, den Künstlerhäusern, dem Gelände der vier bedeutenden Ausstellungen und den in die Planungen einbezogenen Freiflächen hat sich die vorbildhaft gestaltete Stadtkrone Darmstadts bis heute als unvergleichliches städtebauliches Zeugnis erhalten. Einflüsse von der Arts-and-Crafts-Bewegung und der Wiener Secession bis hin zu Beispielen des Jugendstils und Entwicklungen zur Moderne lassen sich hier nachvollziehen.
Zahlreiche bedeutende Kultureinrichtungen
Nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurde schon 1951, zur fünfzigsten Wiederkehr der ersten Mathildenhöhe-Ausstellung, mit dem Darmstädter Gespräch „Mensch und Raum“ sowie den daraus hervorgegangenen Darmstädter Meisterbauten erneut ein kultureller Meilenstein gesetzt, der international Beachtung fand. In der Folge siedelten sich zahlreiche bedeutende Kultureinrichtungen auf der Mathildenhöhe an: der Deutsche Werkbund, die Akademie für Sprache und Dichtung, das Deutsche PEN-Zentrum, der Rat für Formgebung, das Institut für Neue Technische Form, Hessen-Design sowie der Fachbereich Gestaltung der Hochschule Darmstadt. Mit der Ausstellung zum 75. Jubiläum der Mathildenhöhe begann in den 1970er-Jahren auch die Instandsetzung und Restaurierung oder Neuinterpretation der historischen Bauten, die bis heute andauert. Derzeit wird das zentrale Ausstellungsgebäude neben dem Hochzeitsturm den heutigen technischen und denkmalpflegerischen Anforderungen auch angesichts wachsender Besucherzahlen angepasst, ebenso Olbrichs eigenes, im Krieg stark beschädigtes Wohnhaus, nunmehr Sitz der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.