Wissenschaftsminister Timon Gremmels mit Vertretern aus Hochschule und Wissenschaftsrat.

Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur

Wissenschaftsrat tagt in Fulda - Landesempfang in der Propstei Johannesberg

Die Mitglieder des Wissenschaftsrats sind auf dem Campus der Hochschule Fulda zu Gast. Dort befasst sich das bedeutendste wissenschaftspolitische Beratungsgremium Deutschlands mit Fragen der inhaltlichen und strukturellen Entwicklungen des Wissenschafts-, Forschungs- und Hochschulsystems. Anlässlich dieser Sommersitzung hat Wissenschaftsminister Timon Gremmels zu einem Landesempfang in der Propstei Johannesberg eingeladen.

Wissenschaftsminister Gremmels' Rede beim Landesempfang für den Wissenschaftsrat

Sehr geehrte Damen und Herren,

es ist mir eine große Freude, Sie heute hier in Hessen willkommen zu heißen – und es ist mir ein ebenso großes Anliegen, dem Wissenschaftsrat im Namen der gesamten Landesregierung für seine herausragende Arbeit zu danken.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen und einen kurzen Blick auf die Rolle des Wissenschaftsrates, aktuelle Themen im Wissenschaftsbereich sowie den heutigen Tagungsort zu werfen.

Wir sind uns sehr bewusst, welch wichtigen Beitrag der Wissenschaftsrat für die Zukunft unseres Bildungs- und Wissenschaftsstandortes leistet. Einen Beitrag, den wir aus meiner Sicht aktuell mehr denn je brauchen.

Denn wir leben in einer Zeit, in der die Wissenschaft als Institution und die Wissenschaftsfreiheit als zentrales Prinzip unter Druck geraten sind.

Das müssen wir international schmerzlich beobachten – nehmen Sie die USA, Ungarn oder die Türkei. Aber auch hierzulande gibt es besorgniserregende Entwicklungen.

Der Wissenschaftsrat hat sich dazu immer wieder klar positioniert – und das ist gut so.

Er ist Garant für wissenschaftliche Exzellenz, Stimme für die Freiheit der Wissenschaft und Impulsgeber für die strategische Weiterentwicklung unseres Wissenschaftssystems.

Wir brauchen – gerade angesichts der multiplen Krisen und gesellschaftlichen Herausforderungen – Institutionen, die wissenschaftliche Qualität zur Maxime ihres Handelns machen und dabei auch langfristige Perspektiven sicherstellen. Der Wissenschaftsrat bietet diese Verlässlichkeit. Er schafft fundierte Grundlagen für politische Entscheidungen, stärkt die Qualitätssicherung an unseren Wissenschaftseinrichtungen, fördert Innovationen und unterstützt die Weiterentwicklung des Wissenschaftssystems als Ganzes.

Meine Damen und Herren, ich habe es eben angesprochen: Die Angriffe auf die Wissenschaft sind kein Einzelphänomen.

Sie sind Teil einer größeren Bedrohung, nämlich der Anfeindung unserer Demokratie und des liberalen Verfassungsstaats.

Wir dürfen das nicht hinnehmen. Wir müssen entschlossen gegensteuern.

Und: Wir brauchen dafür die Wissenschaft als Partnerin.

Deshalb haben wir in Hessen gleich zu Beginn meiner Amtszeit ein Sofortprogramm Demokratieforschung gestartet.

Ziel ist: Die Forschung zur Zukunft der Demokratie zu stärken. Wissenschaft besser zu vernetzen. Und den Transfer in die Gesellschaft auszubauen.

Dafür stellen wir bis 2028 – bis zu 14 Millionen Euro bereit.

Minister Gremmels am Rednerpult

Lassen Sie mich – zweitens - auf ein weiteres zentrales Thema eingehen – es steht heute und morgen auch im Mittelpunkt der Beratungen:

Die Personalstrukturen im deutschen Wissenschaftssystem.

Gerade vor dem Hintergrund der Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes – aber nicht nur deshalb – ist dieses Thema hochrelevant.

Die Leistungsfähigkeit unseres Wissenschaftssystems hängt von Menschen ab – von klugen Köpfen, die wir für die Forschung gewinnen, halten und fördern müssen.

In Zeiten des Fachkräftemangels müssen wir wettbewerbsfähige Bedingungen schaffen – national wie international. Und: 40 Prozent der Professuren müssen bis 2033 neu besetzt werden – eine gewaltige Aufgabe, die wir nur mit attraktiven Karrierewegen meistern können.

Aber auch abgesehen von den skizzierten Entwicklungen – und das ist meine feste Überzeugung – haben wir in der Wissenschaftspolitik eine genuine Verantwortung für das Thema gute Beschäftigungsbedingungen. Denn es geht nicht um weniger als um die Zukunft der jungen Generation.

Die Verantwortung dafür muss schon Auftrag genug sein, sich um Planbarkeit und gute Beschäftigungsbedingungen im Wissenschaftsbetrieb zu kümmern.

Für uns in Hessen ist das Thema jedenfalls sehr wichtig und wir haben mehrere konkrete Schritte unternommen: Bereits Ende 2021 haben wir mit den Hochschulen den sogenannten „Kodex für gute Arbeit“ abgeschlossen. Er ist eine Selbstverpflichtung der Hochschulen gegenüber dem Land und er enthält wichtige Grundsätze, etwa zu Planbarkeit, Vereinbarkeit und Chancengleichheit, die den Beschäftigten gute Arbeitsbedingungen ermöglichen sollen.

Für uns gilt weiterhin, dass Personal, das überwiegend Daueraufgaben wahrnimmt, grundsätzlich unbefristet beschäftigt werden soll. Im Hessischen Hochschulpakt hat die Landesregierung deshalb auch konkrete, quantifizierbare Vereinbarungen mit den Hochschulen zum Ausbau der dauerhaft Beschäftigten getroffen.

Zudem haben die hessischen Hochschulen in den letzten fünf Jahren vom Land Hessen 300 zusätzliche W-Stellen für Professorinnen und Professoren erhalten. Damit haben wir auf Ebene von Professuren wirklich sehr substantielle Spielräume an unseren Hochschulen geschaffen. An den Hochschulen für angewandte Wissenschaften, den HAWen, haben wir einen grundfinanzierten Mittelbau eingerichtet.

Insgesamt glaube ich, dass wir beim Thema Verbesserung der Beschäftigungsbedingungen ein kontinuierliches Engagement und einen langen Atem brauchen.

Dies gilt auch – drittens - bei einem weiteren Thema, nämlich der Förderung der Spitzenforschung. Das ist uns in Hessen ein wichtiges Anliegen. An unseren Universitäten, Hochschulen und außeruniversitären Instituten wird herausragende Forschung zu drängenden Zukunftsthemen gemacht.

Wir haben uns sehr gefreut, dass unsere Spitzenforschung jüngst auch in der Exzellenzstrategie viel Anerkennung gefunden hat. Von insgesamt sieben hessischen Vollanträgen konnten sich sechs durchsetzen und werden künftig als Exzellenzcluster gefördert.

Minister Gremmels mit Vertretern aus Politik und Hochschulen

Der Erfolg bei den Exzellenzclustern – von eins auf sechs – ist das Ergebnis einer konsequenten strategischen Profilbildung an unseren Universitäten. Als Landesregierung versuchen wir dies bestmöglich zu unterstützen. Hier ist allem voran das LOEWE-Programm zu nennen. Damit fördert das Land bereits seit knapp 20 Jahren Spitzenforschung in Hessen – themenoffen, in verschiedenen Förderlinien und ausschließlich mittels wissenschaftsgeleiteter Verfahren. Dafür stellen wir jährlich zwischen 60 und 70 Mio. Euro bereit.

Wichtig ist uns – bei LOEWE aber auch darüber hinaus – das Thema Kooperation. Wir sind überzeugt, dass darin eine zentrale Zukunftsstrategie liegt – in der Forschung, aber auch in den anderen Leistungsdimensionen.

Wir unterstützen die Zusammenarbeit unserer Hochschulen und vor allem die institutionelle Kooperation in regionalen Verbünden auch finanziell mit erheblichen Mitteln. Dass nun zwei dieser institutionellen Verbünde in der 2. Förderlinie der Exzellenzstrategie einen Antrag stellen können, ist eine tolle Gelegenheit die gelebte Kooperation sichtbar zu machen und noch weiter zu stärken. Sowohl der Verbund der Rhein-Main-Universitäten in Darmstadt, Frankfurt und Mainz als auch der mittelhessische Verbund der Universitäten Gießen und Marburg arbeiten seit vielen Jahren eng zusammen.

Die Forschungsaktivitäten werden in gemeinsamen Schwerpunkten gebündelt, es gibt eine abgestimmte Berufungspolitik und zahlreiche gemeinsame Studiengänge zwischen den Universitäten sind etabliert. Auch die Infrastruktur ist eng vernetzt und vielfach wechselseitig zugänglich.

Die Transferaktivitäten der Partner werden gebündelt und zur Koordinierung der gemeinsamen Vorhaben sind umfassende Governance-Strukturen etabliert, darunter auch eigene Geschäftsstellen.

Seitens des Landes unterstützen wir die beiden Verbünde auf ihrem Weg zum Exzellenzverbund – aber auch darüber hinaus – nachdrücklich.

Meine Damen und Herren, wir sind in Fulda zu Gast. Die Stadt ist Standort einer modernen und leistungsstarken HAW. Ich danke der Hochschule und stellvertretend Ihrem Präsidenten, Herrn Professor Khakzar, für ihre große Gastfreundlichkeit und die tolle Ausrichtung der Sitzungen.

Mein Haus hat sich bewusst dazu entschieden, die Sitzung an einer HAW stattfinden zu lassen. Das ist ein Novum in der Geschichte des Wissenschaftsrats.

Wir wollen damit die Bedeutung dieses Hochschultypus für das deutsche Wissenschaftssystem unterstreichen. Eine Bedeutung, die sich mittlerweile nicht mehr auf die Lehre und die Fachkräftesicherung bezieht, sondern auch auf Transfer und Forschung. Die Hochschule Fulda steht dafür geradezu exemplarisch. Denn sie war 2016 bundesweit die erste HAW, der das Promotionsrecht für einen besonders forschungsstarken Bereich verliehen wurde.

Hessen war also 2016 das erste Bundesland, das seinen HAWen ein Promotionsrecht für bestimmte Fachrichtungen ermöglichte – befristetet und an sehr harte, die Forschungsleistung und die Betreuungsqualität betreffende Kriterien geknüpft. Das war wissenschaftspolitisch eine kleine Revolution und wurde entsprechend kontrovers diskutiert.

Heute, rund 10 Jahre später, sind wir weiter und es hat sich gezeigt: Hessen war Vorreiter für eine Entwicklung, die inzwischen bundesweit verläuft. In Hessen gibt es mittlerweile sieben Promotionszentren. Sie liegen in ganz unterschiedlichen Fachrichtungen – von den Sozialwissenschaften über Informatik bis zu den Ingenieurwissenschaften. Insgesamt forschen fast 300 Promovierende in den Zentren – Tendenz steigend. Es freut mich, dass Hessen im Bereich des Promotionsrechts für HAWen den Weg bereiten konnte. Mit unserem Modell des fachgebundenen Promotionsrechts ist Hessen vielfach Vorbild für andere Länder.

Ich bin der festen Überzeugung, dass das Promotionsrecht durch strukturbildende Maßnahmen flankiert werden muss. In Hessen haben wir deshalb – ich hatte es bereits angesprochen – den Aufbau eines akademischen Mittelbaus an den HAWen ermöglicht. Denn dauerhafte wissenschaftliche Stellen unterhalb der Professur schaffen erst das Fundament für die verstärkte Forschungstätigkeit. Seit 2021 gibt es in Hessen ein eigenes Mittelbauprogramm, mit zuletzt mehr als 13 Mio. Euro pro Jahr für unsere fünf hessischen HAWen. Das Programm hat sich bewährt und wir werden es auch künftig fortsetzen.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Ich will nochmals betonen, dass wir in einer Zeit mit vielen komplexen Fragen und Herausforderungen genau das brauchen: eine Institution, die differenziert denkt, unabhängig berät und eine klare Qualitätsorientierung hat. Dass der Wissenschaftsrat diese Funktion so gut erfüllen kann, ist Ihr Verdienst, liebe Mitglieder des Wissenschaftsrats, lieber Herr Prof. Wick als Vorsitzender des Wissenschaftsrats.

Ihnen allen herzlichen Dank für Ihr Engagement. 

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