Fünf Männer halten gemeinsam eine Zeitkapsel in der Hand.

Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur

Neues Hochsicherheitslabor für die Marburger Virologie

Die Philipps-Universität Marburg hat den Grundstein für das „Marburg Centre for Epidemic Preparedness“ gelegt. Hessens Wissenschafts- und Forschungsminister Timon Gremmels hat dabei tatkräftig unterstützt und die Bedeutung dieser Investition in die Zukunft der virologischen Forschung betont: „In einer Zeit, in der globale Gesundheitskrisen uns vor nie dagewesene Herausforderungen stellen, ist die Forschung zu Epidemien und deren Prävention von zentraler Bedeutung für uns alle. Das „Marburg Centre for Epidemic Preparedness“ wird als Zentrum für herausragende wissenschaftliche Arbeit und innovative Forschungslösungen dazu beitragen, die Widerstandsfähigkeit unserer Gesellschaft gegen zukünftige Epidemien zu erhöhen. Mit der heutigen Grundsteinlegung für das MCEP markieren wir nicht nur den Beginn eines neuen Bauprojekts, sondern symbolisieren auch den Aufbruch in eine neue Ära der Gesundheitsforschung, und schaffen für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für ihre wichtige Arbeit den dringend benötigten Raum an Forschungsflächen mit den entsprechend modernen Technologien.“

Das neue Labor der höchsten Sicherheitsstufe (BSL-4) entsteht bis Ende 2026 in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem bestehenden BSL-4 Labor auf dem Campus Lahnberge. Der Wissenschaftsrat hatte sich im April 2021 für das Projekt ausgesprochen und den Bau des MCEP zur Förderung empfohlen.

Neue Technologien erfordern zusätzliche Räume

Das Land Hessen fördert das Projekt mit rund 27 Millionen Euro, der Bund investiert etwa 19 Millionen Euro in den Forschungsbau. Die Gesamtkosten für das neue Forschungslabor werden auf etwa 46 Millionen Euro veranschlagt. Hinzu kommen rund 4,6 Millionen Euro für Erstausstattung und Großgeräte.

Uni-Präsident Prof. Dr. Thomas Nauss dankte dem Bund und dem Land Hessen für die großzügige Unterstützung. „Ich freue mich sehr, dass die Spitzenforschung an hochpathogenen Viren, die hier in Marburg seit vielen Jahren höchst erfolgreich geleistet wird, diese Anerkennung erhält. Die Förderung ermöglicht es der Marburger Virologie auch in den kommenden Jahren auf höchstem Niveau mit Grundlagenforschung und Transfer zur Bewältigung großer epidemischer Krisen beizutragen.“

Das bestehende Hochsicherheitslabor (BSL 4-Labor) erreichte besonders in Zeiten von Virusausbrüchen aufgrund einer drastisch gestiegenen Anzahl an Forschungs- und Entwicklungsarbeiten seine räumlichen Kapazitäten. Neue Technologien erfordern zusätzlichen Raum und der wachsende Bedarf an spezialisierten Schulungen für Forschende in der Arbeit unter Hochsicherheitsbedingungen hat den Platzbedarf weiter erhöht.

Zwei Männer schauen auf eine Wasserwaage und prüfen, ob alles gerade ist-

Bessere Geräteausstattung, um die Forschung voranzubringen

„Die neuen Räume und die bessere Geräteausstattung sind eine wesentliche Grundlage, um unsere Forschung weiter voranzubringen“, betont der langjährige Leiter des Marburger Instituts für Virologie, Prof. Dr. Stephan Becker. „Diese Investition in die Zukunft der virologischen Forschung ermöglicht es uns künftig auf dem neuesten technischen Stand und unter deutlich verbesserten Bedingungen an epidemischen und pandemischen Viren zu forschen. Das neue Labor wird auch dazu beitragen, dass wir besser auf gesundheitliche Notlagen vorbereitet sind.“

Mit dem neuen Laborgebäude stehen den Forschenden auf vier Etagen künftig rund 830 Quadratmeter Nutzfläche zur Verfügung. Das Labor selbst nimmt lediglich eine Etage (Ebene +1) ein, die weiteren Stockwerke sind den aufwendigen technischen Anlagen des Labors vorbehalten. Aufgrund der Hanglage ist das Gebäude teilunterkellert. Photovoltaikmodule auf dem Dach und an den Ost- und Südfassaden tragen dazu bei, dass die Energieversorgung des Gebäudes teilweise durch erneuerbare Energiequellen gesichert wird.

Strenge Anforderungen der gentechnischen Sicherheitsverordnung

Das neue Laborgebäude wird zum Schutz von Beschäftigten und Umwelt nach den strengen Anforderungen der gentechnischen Sicherheitsverordnung und auf dem neuesten Stand der Technik ausgeführt. Sämtliche Arbeitsbereiche sind so konzipiert, dass bei etwaigen technischen Störungen alle wichtigen Systeme ungehindert weiterlaufen können und auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschützt sind. Die Arbeit der Forschenden findet im sogenannten Containment-Bereich in Vollschutzanzügen mit externer Sauerstoffversorgung statt.

Für den Entwurf zeichnet das Stuttgarter Büro HWP Planungsgesellschaft verantwortlich. Die Projektleitung und -steuerung übernimmt der Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen (LBIH). Das bestehende BSL-4 Labor soll nach der Fertigstellung des Neubaus nach langjährigem Betrieb generalüberholt und anschließend weiter für die Forschung genutzt werden.

Minister Gremmels steht vor einer Kamera.

Hintergrund: Erforschung hochpathogener Viren

Im Jahr 1967 führte der Ausbruch eines von Affen übertragenen und für den Menschen tödlichen Virus (Marburg-Virus) dazu, die Erforschung von hochpathogenen Viren an der UMR fest zu etablieren und in den folgenden Jahrzehnten konsequent auszubauen.

Hochpathogene Viren mit epidemischem/pandemischem Potenzial haben ihren Ursprung häufig im Tierreich und können nach Übertragung auf Menschen (Zoonosen) schwerste bis tödliche Erkrankungen auslösen. In jüngster Zeit kommt es vermehrt zu Virusepidemien und -pandemien, die durch teilweise neuartige, zoonotische Viren ausgelöst werden (z.B. Ebola-Virus, Zika-Virus, MERS- und SARS-Coronavirus).

Hochpathogene Viren dürfen nur in Forschungsgebäuden der höchsten biologischen Sicherheitsstufe (BSL-4) untersucht werden. In diesen Laboren wird unter Vollschutz mit von außen belüfteten Sicherheitsanzügen gearbeitet, so dass die Infektionsgefahr für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler minimiert wird. Das Labor selbst steht permanent unter Unterdruck und verfügt über ein umfangreiches System der Abwasser- und Abluftdekontamination, so dass von diesen Laboren keine Gefahr für die Umwelt ausgeht. Von den vier deutschen BSL-4 Laboratorien sind drei an Bundes- bzw. Landesministerien angesiedelt, nur das Marburger Labor wird von einer Universität betrieben.